E
N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
I.
Das Landgericht
hat einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der inkriminierten
Äußerungen zu Recht verneint. Der Senat schließt
sich dessen Ansicht an, dass die Voraussetzungen der 823 Abs. 1,
1004 BGB nicht erfÜllt sind. Hierfür können die
zwischen den Parteien streitigen Fragen, nämlich ob das Angebotsformular
irreführend ist, deren Verbreitung einen Betriug bzw.
Betrugsversuch i.S.v. 263 StGB darstellt und hieraus ein Anfechtungsrecht
wegen arglistiger Täuschung oder eine Sittenwidrigkeit nach
§ 138 Abs. 2 BGB herzuleiten ist, dahinstehen. Abgesehen
von der Verbreitung der BGH-Entscheidung, bei der es sich um
eine unverfängliche, da wahre Tatsachenbehauptung handelt,
liegen lediglich Meinungsäußerungen vor, die die Grenzen
zur Schmähkritik nicht überschreiten und deshalb von
der Klägerin hinzunehmen sind.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Dass der Unterlassungsanspruch Äußerungen
im Internet zum Inhal.t hat, steht einer Haftung des Beklagten
nicht entgegen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Internetseite
einen Teledienst im Sinne des TDG oder einen Mediendienst im Sinne
des Medienstaatsvertrages (MStV) darstellt. Ferner kann die Frage
offen bleiben, ob es sich bei den inkriminierten Äußerungen
durchweg - auch, soweit sie von Dritten stammen - um eigene Inhalte
des Beklagten (zu eigen machen) oder um fremde handelt. Denn in jedem
Fall wäre der Beklagte nach den allgemeinen Gesetzen - also
vorliegend nach den §§ 823, 1004 BGB - für die Inhalte
verantwortlich.' 5 TDG und § 5 MStV haben insofern eine gleichlautende
Regelung. Zwar ist die Verantwortlichkeit für eigene (§ 5
Abs. 1 TFG/MStV)~- und fremde (§ 5 Abs. 2 TDG/MStV) Inhalte
unterschiedlich geregelt; vorliegend ist der Beklagte aber gegebenenfalls
auch für fremde Inhalte im Rahmen der allgemeinen Gesetze verantwortlich,
da er Kenntnis von der inkriminierten Äußerung von Rechtsanwalt
Lauppe-Assmann besaß und ihm technisch möglich und zumutbar
war, die Verbreitung dieser Äußerung zu verhindern.
2.
Ein Anspruch auf
Unterlassung ehrverletzender und geschäftsschädigender
Äußerungen könnte sich für die Klägerin,
eine GmbH, ergeben, wenn der Beklagte rechtswidrig in ihr Recht
am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, ein sonstiges
Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, eingegriffen hätte. Durch
die inkriminierten Äußerungen auf der Internetseite
hat der Beklagte unmittelbar in den gewerblichen Tätigkeitsbereich
der Klägerin eingegriffen (vgl. Thomas in Palandt BGB
60. Aufl. 823 Rdn. 19 ff.) Denn mit diesen Äußerungen
wirft er ihr ein zumindest unlauteres, darüber hinaus strafrechtlich
relevantes Verhalten vor. Er bietet ein Forum an, auf dem Geschädigte
von ihren Erfahrungen berichten können, entwirft Strategien,
wie sich Geschädigte aus den Verträgen lösen können
und sammelt Betroffene, um den von ihm als betrügerisch
bezeichneten Unternehmen "das Handwerk zu legen". Dabei
spricht er unmittelbar Vertragspartner der Klägerin an,
.die ermutigt werden sollen, sich ebenfalls aus ihren Verträgen
mit der Klägerin zu lösen. Deswegen muss diese mit
nachteiligen Folgen der in das Internet gestellten Äußerungen
rechnen (vgl. Wenzel Das Recht der Wort- und B.ildberichterstattung
4. Aufl. Rdn. 5.123)
Ebenso könnte die Klägerin
in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 1 BGB geschützten
Persönlichkeitsrecht verletzt worden sein. An dem Persönlichkeitsschutz
nimmt auch eine juristische Person teil, wenngleich nur in dem beschränkten
Umfang, der sich aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts
und den ihr zugewiesenen Funktionen ergibt. Dieser Schutzbereich
ist durch die vom Beklagten verbreiteten Äußerungen ebenfalls
betroffen, weil die Klägerin selbst und ihre Tätigkeit
zu Objekten einer herabwürdigen Kritik gemacht werden (so Wenzel
aa0. Rdn. 5.105 unter Hinweise auf Rspr.) .
Der Eingriff in den eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb indiziert ebenso wie die Persönlichkeitsverletzung
jedoch noch nicht die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Äußerungen.
Vielmehr handelt es sich insoweit jeweils um einen offenen Tatbestand,
dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung
mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre
anderer ergeben (vgl. Wenzel aa0. Rdn. 5.129 ff.; Rdn. 5.12)~. Hier
müssen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin und ihr
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, beides
Rechte, die grundrechtlichen Schutz genießen (Art. 2 Abs. 1,
14 GG) , gegen die Äußerungs- und Meinungsfreiheit des
Beklagten, Art. 5 Abs. 1 GG, abgewogen werden.
Ergebnis dieser Abwägung
ist im Grundsatz, dass ein Gewerbetreibender der Wahrheit entsprechende
Tatsachenbehauptungen sowie Meinungsäußerungen bis zur
Grenze der Schmähkritik hinzunehmen hat (Hager in Staudinger
13. Aufl. § 823 D 24; Wenzel aao. Rdn. 6.7). Die Grenze zur
Schmähkritik ist nicht bereits dann überschritten, wenn
der Betreffende keine nachprüfbaren Gründe für sein
Urteil angibt oder angeben kann. Ob die Äußerung wertvoll
oder wertlos, richtig oder falsch, rational oder emotional begründet
ist, spielt keine Rolle (Wenzel aao. 6.11. Erst, wenn die Äußerung
den Boden sachlicher Kritik völlig verläßt und nur
darauf abzielt, den Betroffenen verächtlich zu machen und in
der Öffentlichkeit herabzuwürdigen, ist die Zulässigkeit
im Allgemeinen zu verneinen.
Unter Berücksichtigung
dessen gilt für die einzelnen Veröffentlichungen Folgendes:
a) Verbreitung der
BGH-Entscheidung unter der Überschrift "'3 Jahre
Haft in einem anderen Offertenschwindel":
Die Verbreitung der BGH-Entscheidung
als solche gibt zu keinerlei Beanstandungen Anlass. Da die Entscheidung
ihrem gesamten Wortlaut nach abgedruckt ist, entsteht für den
aufmerksamen Leser kein falscher Eindruck, so dass die als Tatsachenbehauptung
zu qualifizierende Verbreitung uneingeschränkt wahr ist.
Gegenstand des Unterlassungsanspruchs
kann danach allenfalls der Hinweis auf einen "anderen Offertenschwindel"
sein. Dieser Hinweis stellt jedoch keine - unwahre - Tatsachenbehauptung,
sondern lediglich eine Meinungsäußerung dar. Zunächst
wird in keiner Weise der Eindruck erweckt, es sei die Klägerin
selber, die in irgendeiner Form an diesem Strafverfahren beteiligt
gewesen ist. Abgesehen davon, dass der Begriff "anderer"
nicht unbedingt synonym mit "gleichgelagert", sondern bereits
für sich genommen geeignet ist, auf Unterschiede der zu beurteilenden
Fälle hinzuweisen, schÜtzt die Wiedergabe des vollständigen
Urteilstextes den Leser davor, die Sachverhalte in jeder Hinsicht auf
eine Stufe zu stellen. Allerdings wird der Eindruck vermittelt, die
Fälle seien miteinander vergleichbar, während sie sich in
Wahrheit in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht voneinander
unterscheiden. Angesichts des vollständigen Wortlauts der BGH-Entscheidung,
die bereits in den Eingangs s ät zen auch dem f lücht igen
Leser deut 1 ich macht, welcher Sachverhalt zugrunde liegt, ist jedoch
offensichtlich, dass der Beklagte lediglich seine subjektive Meinung äußert.
Diese wiederum entbehrt nicht jeglicher sachlichen Grundlage und stellt
mithin keine Schmähkritik dar. Hier wie dort geht es um Angebotsf
ormulare, die mit Rücksicht auf ihre unklare Gestaltung geeignet
sind, beim Adressatenkreis einen Irrtum über die durch Unterzeichnung
eingegangenen Verpflichtungen zu erzeugen. Entgegen der Darstellung
der Klägerin, ihre Formulare seien so gestaltet, dass der Verdacht
gezielter Irreführung gänzlich haltlos und völlig aus
der Luft gegriffen erscheinen muss, ist davon auszugehen, dass diese
Ansicht zumindest nicht völlig unvertretbar ist. Dies lässt
sich selbst aus der von der Klägerin für ihre Auffassung
herangezogenen Entscheidung des OLG Düsseldorf (2 U 151/00) entnehmen,
das es immerhin für wünschenswert erklärt hat, dass
die Entgeltlichkeit des Grundeintrags auf dem Formular deutlicher zum
Ausdruck kommt. Es kann letztlich keinem Zweifel unterliegen, dass
einem flüchtigen Adressaten, mag es sich auch, anders als in dem
der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall, um einen Geschäftsmann
handeln, die Tatsache der Entgeltlichkeit des Grundeintrags entgehen
kann. Die Ansicht, dem liege eine entsprechende Absicht der Klägerin
zugrunde, ist nicht deshalb abwegig, weil nur ein kleiner Bruchteil
des angeschriebenen Adressatenkreises die Verträge abgeschlossen
hat. Gerade die Größe dieses Kreises - die Klägerin
hat im Termin vor dem Senat vortragen lassen, mit der Werbeaktion sei
das "Feld"
sozusagen "abgegrast" - lässt den Verdacht zu, man habe
auf einen "Bodensatz" unaufmerksamer Interessenten gehofft.
Ob eine solche Mutmaßung bei näherer Prüfung Bestand
hat oder nicht, ist unerheblich. Vielmehr reicht es aus, dass der Sachverhalt
genügend Anhaltspunkte bietet, sich kritisch mit ihm auseinanderzusetzen
(vgl. Wenzel Rn. 5.83 ff.)
Unerheblich ist, dass die
Kritik des Beklagten nicht ausgewogen ist. Insbesondere bei Erörterung
einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage, wozu
gerade auch Fragen des Verbraucherschutzes zu zählen sind, ist
wegen der grundlegenden Bedeutung des Austausches von Meinungen sowohl
für die Selbstverwirklichung des Einzelnen wie auch für
den Bestand der Gemeinschaft der Einsatz auch starker Ausdrücke,
polemisierender Wendungen, überspitzter, plakativer Wertungen
nicht unzulässig, so lange der Kritiker wie vorliegend der Beklagte
hierdurch nur dem eigenen Standpunkt Nachdruck zu verleihen sucht
(Wenzel aa0. Rdn. 5.82)..
Das gilt- gerade auch gegenüber
dem Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Der Klägerin ist im Hinblick auf Art. 5 GG nicht in ihrer Ansicht
zu folgen, die Unternehmenskritik müsse sich nach Art und Maß im
Rahmen des Erforderlichen halten. Allerdings hat der BGH in frÜhen
Entscheidungen gefordert, dass fälschliche geschäf tsschädigende
Wert urteile nur dann nicht widerrechtlich seien, wenn sie nach Inhalt,
Form und Begleitumständen zur Wahrnehmung rechtlich geschützter
Interessen objektiv erforderlich seien (BGHZ 3, 270; GRUR 1970, 465,
466)
Davon ist er in der' sog.
Höllenfeuerentscheidung (BGHZ 45, 296) jedoch abgerückt:
Die Vermutung streite für die Zulässigkeit freier Rede,
der Gewerbetreibende habe sich einer Kritik an seiner Leistung zu
stellen. Auch ihm gegenüber kann mithin eine überpointierte
Darstellung zulässig sein. Grenze ist auch hier, wie beim allgemeinen
Persönlichkeitsrecht, lediglich der sachliche Bezug (vgl. Wenzel
aa0. Rdn. 5.129 ff. und die dort zitierte Rspr.) .
b) Die Veröffentlichung
des Schreibens von Rechtsanwalt Lauppe-Assmann unter der Überschrift
"Noch ein betrogener Rechtsanwalt zieht in den Krieg":
Eine Haftung des Beklagten
scheidet nicht schon deswegen aus, weil er in sein Forum Äußerungen
Dritter eingestellt hat. Bereits im Verbreiten dessen, was ein Dritter
geäußert hat, kann eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
des Betroffenen und auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb zu sehen sein, wenn es an einer eigenen und ernsthaften
Distanzierung desjenigen, der die Äußerung wiedergibt,
fehlt oder wenn das Verbreiten nicht schlicht Teil einer Dokumentation
des Meinungsstandes ist, in welcher - gleichsam wie auf einem "Markt
der Meinungen" - Äußerungen und Stellungnahmen verschiedener
Seiten zusammen- und gegenübergestellt werden (BGHZ 132, 13,
18 f.; BGHZ 66, 182, 188 f.). Einen "Markt der Meinungen" stellt
der Beklagte auf seiner Website nicht zur Verfügung. Veröffentlicht
erscheinen nur Außerungen von Personen, die die negative Wertung
des Beklagten über das Vorgehen der Klägerin teilen. Andererseits
hat sich der Beklagte auf seiner Website vom Inhalt der abgelegten
Schreiben in gewisser Weise distanziert. In einem Impressum hat er
darauf hingewiesen, dass die Mitteilungen Dritter nicht in jedem
Fall seine Meinunq darstellen, der Nutzer möge sich an den Autor
wenden. Ob dies genügt, kann offen bleiben (vgl. zur Distanzierung
der Zeitungsverlage von veröffentlichten Leserbriefen: vgl.
Wenzel aao. Rdn. 10.191) Die Veröffentlichung von Rechtsanwalt
Lauppe-Assmann enthält nämlich - trotz seiner überspitzten
Wertungen - keine unzulässigen Inhalte, sondern ebenfalls -
wie schon unter a) ausgeführt -nur Meinungsäußerungen,
die die Grenzender Schmähkritik noch nicht übersteigen.
Ob die Veröff entlichung dem anwaltlichen Beruf srecht entspricht,
hatte der Beklagte nicht zu überprüfen.
Aus den gleichen Gründen
stellt auch die negative Äußerung in der Überschrift
("noch ein betrogener Rechtsanwalt") eine Meinungsäußerung
dar, die - weil die Grenzen zur Schmähkritik noch nicht überschritten
sind - zulässig ist
Im Übrigen dürfte
der Antrag, weil nicht hinreichend bestimmt, unzulässig sein,
soweit die Klägerin nicht nur beantragt, dem Beklagten zu verbieten,
das Schreiben von Rechtsanwalt Lauppe-Assmann. zu verbreiten, sondern
darüber . hinaus jede geschäftsschädigen
Äußerung eines Dritten wie zum Beispiel die von Rechtsanwalt
Lauppe-Assmann.
c) "Vorsicht'
vor gleichartigen Online-Verlagen":
Ebenso wenig ist die Warnung
des Beklagten (u.a.) vor der Klägerin äußerungsrechtlich
zu beanstanden. Der unmittelbare Zusammenhang dieser Warnung ergibt,
dass der Beklagte die Nutzer seiner Website alarmieren will, die
ihnen zugesandten - vom Beklagten als irreführend gewerteten
- Antragsformulare genau zu lesen. Dieses Anliegen ist als solches
nicht zu bean.standen. Soweit die Warnung seine Wertung enthält,
das Formular sei irreführend, handelt es sich - wie bereits
ausgeführt - um eine zulässige Meinungsäußerung,
die noch keine Schmähkritik darstellt. Nimmt man aus dem Gesamtzusammenhang
der Website hinzu, dass der Beklagte vor einer betrügerischen
Vertrags praxis warnt, ist auch dies von seiner
Äußerungsfreiheit gedeckt (vgl. oben)
Auch weitere Unterlassungsansprüche
sind nicht ersichtlich. 824 BGB kommt nicht zur Anwendung, weil es
sich, wie ausgeführt, nicht umTatsachen-, sondernMeinungsäußerungen
handelt. Für 826 BGB gibt der Sachverhalt keine Anhaltspunkte.... |