Bernd Graff macht sich Sorgen. Er ist stellvertretender Chefredakteur der Online Redaktion der Süddeutschen Zeitung. Und das ist schliesslich was Gutes.
Denn die Süddeutsche hat einen guten Ruf – das ist das eine Gute- und Bernd Graff ist dort „stellvertretender Chefredakteur“ - das ist das andere Gute. Für Graff.
– nur das „Online“ – das stört ihn ein bisschen. Denn das Internet – so Graff – ist doch bloss
„ein Debattierklub von Anonymen, Ahnungslosen und Denunzianten“ Von Zeitgenossen eben, die „weil sie sonst keine Beschäftigung haben – eine Rolle in der Informationsgesellschaft übernehmen wollen“
„Sie zerfleddern ...jedes Thema... von keiner Sachkenntnis getrübt... ... getrieben von der Lust an Entrüstung... Sabotage, Verschwörung, Häme, Denunziation, Verächtlichmachung, Hohn, Spott. Ja, wir müssen uns die Kräfte des freien Meinungsmarktes als äußerst destruktiv vorstellen.... "
„... Genauso gut könnte man allerdings einem Fliegenschwarm guten Geschmack unterstellen....“
Als besonders bemerkenswerte „Auswüchse des Absurditätenstadls“ Internet entdeckt Graff Erschreckendes:- so erschreckend, dass er sich mit seinem Mauskabel strangulieren möchte, - nämlich eine neue, gefährliche Allgemeinbildung:
„...die flirrende Suchmaschinenbildung, mit der man seinen Hausarzt demütigt. ... pures Meinungswissen: unüberprüfbar, kühn, behauptend, flatterhaft, und vor allem: anonym in die Welt gesetzt, was Spaßvögeln und aber auch Denunzianten besonders entgegenkommt....“
Angesichts solcher Zustände wird Graff
„...fast wieder zum Fan von Eliten ...“
und plädiert dafür,
„...dass man die ungewaschenen Massen draußen lassen müsste...“
Schliesslich kommt Graff zum Kern seines Glaubensbekenntnisses
„... Die etablierten Medien verfügen über rigide Aufnahmeverfahren und praktizieren bei journalistischem Fehlverhalten im besten Fall Sanktionierungen. Es darf also eben nicht jeder überall mitschreiben...“
Sicher, das ist nicht sonderlich demokratisch. Aber die alten Medien haben dafür etwas wichtigeres zu bieten: Qualität.
„...Was aber wiegt dann mehr? Dass das immer elitäre Denken der Mainstream-Medien im Zweifel undemokratisch ist ? Oder, dass daraus Qualität entsteht ?...“
Keine Frage – Natürlich brauchen wir Qualität mehr als Demokratie - denn wohin Demokratie führt – das wissen wir ja jetzt - dank Graffs Internet Analyse.
Das Schlimme ist, Graff hat Recht: das Internet gibt ja tatsächlich jedem Idioten die Möglichkeit, sich zu äussern. Das kann niemand bestreiten. Und deprimert bleibt man mit Graffs Schlussfolgerung alleingelassen zurück:
„...sollen wir uns deshalb von jeder Idiotie in die Zukunft führen lassen?...“
Nein, natürlich nicht. Es gibt nur eine Lösung: Wir müssen das Grundgesetz ändern – da steht nämlich, dass jeder Mensch das Recht hat, seine Meinung frei zu äussern.
Jeder Mensch. Also auch die Idioten. Tja, die haben damals nicht an das Internet gedacht. Sonst hätten die das doch nicht geschrieben. Deshalb müssen wir das Grundgesetz äbndern.
Wenn ichs recht überlege, Grundgesetz - vielleicht wird daran schon gearbeitet – googlen sie doch mal Herr Graff – Abmahnung, Einstweilige Verfügung, Beleidigung, Linksetzung, Forenhaftung usw.
Was meinen Sie, Herr Graf ? So düster sieht die Zukunft für Ihresgleichen und andere Elitejournalisten vielleicht doch nicht aus.
Und in China ist man da ja doch auch schon noch viel weiter. |