Rechtsprechung
Aktenzeichen: 3 Ws 277/02 OLG Hamm -
23. 05. 2002
Leitsatz: Das Erscheinen des Angeklagten
in der Hauptverhandlung in einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Beamtendumm-Förderverein
(BdF), Prozessbeobachter, Justiz-Opfer-Bürgerinitiative“ kann
als Ungebühr im Sinn von § 181 GVG gewertet werden
und zur Festsetzung von Ordnungsmitteln führen.
Senat: 3
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Ungebühr, Ordnungsmittel,
Festsetzung
Normen: GVG 181
Beschluss: Strafsache
gegen B.S.,
wegen übler Nachrede (hier: Beschwerde des ehemaligen
Angeklagten gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln).
Auf die Beschwerde des ehemaligen Angeklagten vom 14.05.2002
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer vom
13.05.2002 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts
Hamm am 23. 05. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht,
die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht
nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer hat durch den angefochtenen
Beschluss gegen den ehemaligen Angeklagten und Beschwerdeführer
wegen Ungebühr eine Ordnungshaft von vier Tagen festgesetzt.
Zur Begründung hat der Amtsrichter ausgeführt,
der Angeklagte sei erneut in einem T-Shirt „Beamtendumm-Förderverein
(BdF), Prozessbeobachter, Justiz-Opfer-Bürgerinitiative“ erschienen.
Bereits vor kurzem habe aufgrund eines gleichen Falles gegen
ihn Ordnungshaft verhängt werden müssen. Das Gericht
halte aufgrund der demonstrativen und massiven Missachtung
des Gerichts eine bloße Verhängung von Ordnungsgeld
nicht für angemessen, so das Ordnungshaft zu verhängen
gewesen sei.
In der Sitzungsniederschrift vom 13.05.2002 ist ausgeführt,
der Angeklagte sei mit einem T-Shirt, bedruckt mit „Beamtendumm-Förderverein
(BdF), Prozessbeobachter“ erschienen. Nach den weiteren
Ausführungen der Sitzungsniederschrift hat der Angeklagte
auf die Frage, ob er aussagen wolle oder nicht, keine Erklärung
abgegeben, sondern eine größere Anzahl von Befangenheitsgesuchen
eingereicht, die durch den Amtsrichter zurückgewiesen
wurden. Sodann heißt es in der Sitzungsniederschrift,
dass dem Angeklagten eröffnet worden sei, dass das Gericht
sein Erscheinen als eine Ungebühr erachte.
Gegen den Ordnungsmittelbeschluss vom 13.05.2002 hat der ehemalige
Angeklagte noch in der Hauptverhandlung Beschwerde eingelegt,
die von seiner Verteidigerin mit Schriftsatz vom 14.05.2002
unter nochmaliger Einlegung des Rechtsmittels begründet
worden ist.
Die gemäß § 181 GVG zulässige Beschwerde
ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht das Auftreten des Beschwerdeführers
in dem oben näher beschriebenen T-Shirt in der Hauptverhandlung
als Ungebühr gewertet. Schutzgut des § 178 GVG ist
die Würde des Gerichts, also das Ansehen des Gerichts
als Institution der sozialen Gemeinschaft (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner,
StPO, 45. Aufl., § 175 GVG, Randziffer 3). Wie die Generalstaatsanwaltschaft
in ihrer Stellungnahme vom 17.05.2002 zutreffend ausgeführt
hat, hat der Beschwerdeführer durch den Text auf seinem
T-Shirt seine Missachtung bzw. Nichtachtung gegenüber
dem Gericht und den Organen des Rechtsstaates kundgetan, wobei
diese Dokumentation über das Maß hinausgegangen
ist, was unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit in
einem Gerichtssaal zu tolerieren ist. Dass sich der Text auf
dem T-Shirt nicht nur auf Beamte, sondern auch auf Richter
bezieht, wird durch den Hinweis auf die Tätigkeit des
Beschwerdeführers als Prozessbeobachter hinreichend deutlich.
Durch die Wortwahl „Beamtendumm-Förderverein“ und
die gleichzeitige Mitteilung Prozessbeobachter zu sein, kann
der Text auf dem von dem Beschwerdeführer getragenen T-Shirt
nur dahingehend ausgelegt werden, dass Richter seiner Ansicht
nach „dumm“ im Sinne von unwissend, einfältig,
unverständig und unvernünftig anzusehen sind, von
ihnen also ein willkürliches und nicht nach-
vollziehbares Verhalten zu erwarten ist, das einer Kontrolle
durch einen „Prozess-
beobachter“ bedarf. Diese Kundgabe der Missachtung
wurde noch durch das Hinzufügen der Worte „Justiz-Opfer-Bürgerinitiative“ verstärkt.
Durch das Tragen des fraglichen T-Shirts wurde daher das Ansehen
des Gerichts in erheblichem Maße beeinträchtigt.
Die in § 182 GVG normierte Verpflichtung, den Veranlassungsgrund
für den Erlass des Ordnungsmittelbeschlusses in das Sitzungsprotokoll
aufzunehmen, ist vorliegend durch die Beschreibung des von
dem Beschwerdeführer getragenen T-Shirts und den Hinweis
des Amtsrichters an den damaligen Angeklagten, dass sein Erscheinen
als Ungebühr gewertet werde, noch als erfüllt anzusehen.
Denn diese Ausführungen lassen den Anlassgrund, der zudem
von dem Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt worden
ist, noch hinreichend deutlich erkennen und ermöglichen
dem Beschwerdegericht die erforderliche Überprüfung.
Dem Beschwerdeführer ist auch vor Erlass des Ordnungsmittelbeschlusses
rechtliches Gehör gewährt worden. Das Amtsgericht
Gelsenkirchen-Buer hatte bereits am 06.05.2002 gegen den Beschwerdeführer,
der zu der damaligen Hauptverhandlung als Zuschauer ebenfalls
in einem T-Shirt mit dem oben wiedergegebenen Text erschienen
war, wegen Ungebühr drei Tage Ordnungshaft verhängt,
die auch vollstreckt worden sind. Die gegen diesen Ordnungsmittelbeschluss
eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers hat der Senat
mit Beschluss vom 23.05.2002 ebenfalls als unbegründet
verworfen (3 Ws 243/02 OLG Hamm). Angesichts der Tatsache,
dass gegen den Beschwerdeführer wegen der Aufschrift des
von ihm getragenen T-Shirts bereits einmal Ordnungsmittel wegen
Ungebühr verhängt worden waren, musste der Beschwerdeführer
die Mitteilung des Amtsrichters in der Hauptverhandlung am
13.05.2002, dass er sein Erscheinungsbild als Ungebühr
bewerte, dahingehend auffassen, dass er wegen dieses Verhaltens
erneut mit der Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen
müsse, ohne dass es dazu eines weiteren ausdrücklichen
Hinweises bedurft hätte.
Unter Berücksichtigung, dass gegen den Beschwerdeführer
wegen des gleichen ungebührlichen Verhaltens bereits zum
zweiten Mal Ordnungsmittel verhängt werden mussten, ist
vorliegend weder die durch den Amtsrichter getroffene Wahl
des verhängten Ordnungsmittels noch die Dauer der angeordneten
Ordnungshaft zu beanstanden. Insbesondere lässt sich unter
diesen Umständen auch kein Verstoß gegen den Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit feststellen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner,
a.a.O., § 181 GVG Randziffer 7 |