Mai 2009
Negative Presseberichterstattung - Unterlassungsanspruch
gegen Presseunternehmen wegen Wettbewerb abgewiesen
OLG Hamm (Urteil vom 17.03.2009 - 4 U 184/08)
Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs
gegen Presseunternehmen wegen negativer Berichterstattung
Das OLG Hamm (Urteil vom 17.03.2009 - 4 U 184/08) hatte sich mit der
Frage zu beschäftigen, wann eine von einer negativen Presseberichterstattung
betroffene PR-Agentur einen Anspruch auf Unterlassung gegen das Presseunternehmen
geltend machen kann.
Sachverhalt
Klägerin war eine PR-Agentur, die Beklagte verlegt u. a. Zeitungen
und betreibt ein Zeitungsportal im Internet. Die Klägerin nahm
an einer städtischen Ausschreibung zur Konzeption eines Projektes "Stadtpräsentation
im Internet" teil, mit dem das Ziel verfolgt werden sollte, den
Wirtschaftsstandort N besser zu vermarkten und die Stadt als starken
Wirtschaftsraum mit hoher Lebensqualität zu präsentieren.
Die Klägerin erhielt den Zuschlag. Das von ihr sodann ausgearbeitete
Projekt sah neben der Präsentation der Stadt auch die Schaffung
eines Forums vor, in dem sich ortsansässige Unternehmen in bewegten
Bildern darstellen und Arbeitsplätze anbieten, und Interessenten
sich auf demselben Weg um die Stellen bewerben können.
Nach Abschluss der ersten Projektphase beschlossen die kommunalen Träger,
die Kampagne nicht in der von der Klägerin konzipierten Form weiterzuführen
und lösten das Vertragsverhältnis auf. Bis dahin waren öffentliche
Mittel in Höhe von 58.000 Euro aufgewendet worden.
Die Beklagte berichtete in einer von ihr verlegten Zeitung über
die Entwicklung der ursprünglichen Werbekampagne der Kläger.
U.a. schrieb sie hierzu: " .. Die Stadt hatte das bis dahin gut
60.000 Euro teure Projekt mit der Imagewerbung .. aber gestoppt, weil
es ihrer Meinung nach mit erheblichen Mängeln behaftet war."
Ansicht der Klägerin
Die Klägerin war der Ansicht, sie habe einen Anspruch gegen die
Beklagte auf Unterlassung dieser Äußerung. Sie vertrat die
Ansicht, zwischen ihr und der Beklagten bestehe ein Wettbewerbsverhältnis
aufgrund der zahlreichen Berührungspunkte ihrer Internetportale
und der jeweiligen Veröffentlichung von Stellenangeboten. Ferner
behauptete sie, die angegriffenen Aussagen seien von der Beklagten
mit der Absicht getätigt worden, die Klägerin als Wettbewerberin
vom Markt zu verdrängen. Sie seien auch inhaltlich unzutreffend.
Den Beweis der Richtigkeit ihrer Äußerungen könne die
Beklagte nicht führen. Aufgrund der Nennung des Namens der Klägerin
im Zusammenhang mit Projektmängeln und überhöhten Kosten
seien diese Äußerungen in hohem Maße existenzbedrohend.
Sie stellten daher einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Geschäftsbetrieb dar, der insbesondere aufgrund der bestehenden
Konkurrenzsituation nicht von der Pressefreiheit gedeckt sei.
Urteil Landgericht: Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung
Das Landgericht hat in erster Instanz die Beklagte zur Unterlassung
verurteilt.
Erfolgreiche Berufung der Beklagten
Gegen das Urteil des LG legte die Beklagte erfolgreich Berufung ein.
Das Berufungsgericht verneinte sowohl einen Anspruch auf Unterlassung
wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens (UWG) als auch wegen strafbarer übler
Nachrede nach § 186 StGB.
Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch mangels Wettbewerbsverhältnis
Ein Anspruch nach UWG schied bereits mangels Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses
zwischen den Parteien aus, denn nur dann wäre die Klägerin
gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt gewesen. Ein
solches liegt vor, wenn sich die Angebote der Klägerin und der
Beklagten an denselben Kundenkreis richten und aus dessen Sicht austauschbar
wären.
Die Klägerin gab zwar an, dass sie eine Internetseite mit Unternehmenspräsentationen,
Stellenanzeigen und Bewerbungsmöglichkeiten betreibe. Das Gericht
führte zwar aus, dass ein solches Internetangebot im Wettbewerb
mit dem Anzeigenmarkt in der Zeitung der Beklagten stehen könnte,
da sich beide Angebote an denselben Kundenkreis richten und aus dessen
Sicht austauschbar wären. Jedoch konnte die Klägerin keine
Beweise für den tatsächlichen Betrieb eines solchen Portals
vorlegen. Sie legte lediglich Screenshots vor, bei denen es sich jedoch
nicht um Auszüge aus dem Internet, sondern um Abbildungen von
Seiten, die auf einem lokalen PC gespeichert waren, handelte. Von der
Homepage der Klägerin existierte lediglich die Startseite. Links
zu den vorgelegten weiteren Screenshots waren nicht vorhanden.
Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch mangels Wettbewerbshandlung
Überdies scheiterte ein Anspruch nach UWG daran, dass die Beklagte nicht
wettbewerbsmäßig gehandelt hat, d.h. um eigenen oder fremden Wettbewerb
zu fördern. Hier verwies das Gericht darauf, dass grundsätzlich nämlich
keine Vermutung für ein wettbewerbsmäßiges Handeln besteht,
wenn Medienunternehmen im Rahmen ihres journalistischen Auftrags tätig
werden (...).
"(...) Von einer Wettbewerbshandlung bzw. geschäftlichen Handlung
ist nur auszugehen, wenn konkrete Umstände vorliegen, dass neben der Absicht,
das Publikum zu unterrichten, der Zweck der Förderung des Wettbewerbs
mehr als nur eine untergeordnete weil notwendig begleitende Rolle gespielt
hat (...). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auch vorliegend
davon auszugehen, dass die gebotene journalistische Berichterstattung im Vordergrund
stand und die Benachteiligung der Klägerin keine eigene Rolle spielte.
Danach hat die Beklagte bei der Veröffentlichung des Artikels mit der
beanstandeten Aussage außerhalb des wettbewerbsmäßigen Geschehens
gehandelt, so dass für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche
von vornherein kein Raum ist.(...)"
Kein Unterlasssungsanspruch wegen übler Nachrede nach § 186
StGB
Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Äußerung der
Beklagten um eine Tatsachenbehauptung - nur solche können den
Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen - und nicht um eine
Meinungsäußerung. Hier zu das Gericht:
"(...) Die Aussage, die Stadt habe das Projekt gestoppt, da es ihrer Meinung
nach mit erheblichen Mängeln behaftet war, gibt zwar mittelbar eine Meinungsäußerung
der Stadt wieder. Diese Behauptung steht aber im Zusammenhang mit der äußeren
Erscheinung der Beendigung des Projekts und bezieht sich auf die Beweggründe
für diese Handlung. Ob die Überzeugung von Mängeln des Projekts
tatsächlich ausschlaggebend für die Aufhebung der Kampagne war, ist
eine These, die sich als wahr oder falsch herausstellen kann, auch wenn sie
nur schwer zu beweisen ist.(...)"
Auch war die Tatsache geeignet, die Klägerin in der öffentlichen
Meinung herabzusetzen, da der Name der Klägerin und ihrer Partnerin
genannt wird und es sich um ihre Projektentwicklung handelt, die als
mängelbehaftet dargestellt wird.
Jedoch - so das Gericht - kann der in Anspruch genommene Verletzer
den Unterlassungsanspruch dadurch zu Fall zu bringen, dass er die Wahrheit
der beanstandeten Äußerung nachweist, da eine üble
Nachrede nach § 186 StGB nur unwahre Äußerungen betrifft.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts vertrat das OLG die Ansicht,
dass die Beklagte aufgrund der unstreitigen bzw. bewiesenen Gesamtumstände
den Wahrheitsbeweis für ihre beanstandete Äußerung
geführt hat.
Kein Unterlasssungsanspruch wegen Ehrverletzung nach §§ 823
/ § 824 BGB
Auch einen solchen Anspruch verneinte das OLG und führte hierzu
aus:
"(..) Zwar können auch wahre Tatsachenbehauptungen Ehrverletzungen
darstellen, die der Beleidigte nicht hinzunehmen braucht. Ein Anspruch auf
Unterlassung einer ehrenrührigen wahren Tatsache besteht aber höchstens
dann, wenn diese ungerechtfertigt in die Intim- oder Privatsphäre eingreift.
Davon kann bei der Berichterstattung über die berufliche Tätigkeit
der Klägerin keine Rede sein. Die Pressefreiheit gewährt gerade auch
die Berichterstattung über Tatsachen, die für den Betroffenen unangenehm
sind. Das gilt vor allem für Tatsachen, die dem öffentlichen Bereich
zuzuordnen sind.(..)"
Fazit
Ein Anspruch auf Unterlassung einer negativen Berichterstattung ist
nicht bereits dann gegeben, nur weil es sich um eine negative Berichterstattung
handelt, sondern es muss entweder deren Unwahrheit hinzukommen oder
die Intim- oder Privatsphäre betroffen sein.
Pressemitteilung von: Hoffmann Rechtsanwälte & Steuerberater |