Archivkopie - Original bei Bundesgerichtshof
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 191/08 Verkündet am:
14. Oktober 2010
in dem Rechtsstreit AnyDVD
EU-Grundrechtecharta Art. 11; Informationsgesellschafts-Richtlinie
Art. 6; UrhG § 95a
Sind in einem im Internet veröffentlichten, seinem übrigen
Inhalt nach dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit unterfallenden
Beitrag elektronische Verweise (Links) auf fremde Internetseiten in
der Weise eingebettet, dass sie einzelne Angaben des Beitrags belegen
oder diese durch zusätzliche Informati-onen ergänzen sollen,
so werden auch diese Verweise von der Presse- und Meinungsfreiheit
umfasst.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - I ZR 191/08 - OLG München -
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhand-lung vom 14. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann
und Dr. Kirchhoff
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 23. Oktober 2008 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München
I, 21. Zivilkammer, vom 14. November 2007 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerinnen sind Inhaberinnen von Bild- und Tonträgerrechten
an Musik-CDs und -DVDs. Der beklagte Verlag bringt unter anderem
die Zeitschrift c't heraus und betreibt unter der Internetadresse
www.heise.de den Nachrich-tendienst "heise online".
2
Am 19. Januar 2005 veröffentlichte der Beklagte
folgenden Artikel in "heise online" (Anlage K 4):
AnyDVD überwindet Kopierschutz von "Un-DVDs"
Der in Antigua ansässige Hersteller SlySoft hat ein Update für
seinen Kopier-schutzknacker "AnyDVD" veröffentlicht,
das nicht nur den CSS-Schutz von DVDs entfernt, sondern auch drei
weitere Kopiersperren für "Un-DVDs" aushe-belt. Diese
setzen ebenso wie Un-CDs unter anderem fehlerhafte Sektoren ein,
um das Auslesen von Video-DVDs zu verhindern.
So rühmt sich SlySoft, mit AnyDVD 4.5.5.1 Sonys DVD-Kopiersperre
ARccOS aushebeln zu können [...]."Wir knacken den Kopierschutz
schneller, als die Filmindustrie ihn unter die Leute bringen kann",
freut sich SlySoft-Chef G. B. ge-radezu schelmisch über die
wenig effektiven Schutzverfahren.
Auch der nach ähnlichem Prinzip funktionierende koreanische
DVD-Kopier-schutz Settec Alpha-DVD soll von AnyDVD bereits überwunden
werden. Glei-ches gilt für den bereits seit Frühjahr 2004
unter anderem bei den DVDs der Augsburger Puppenkiste genutzten DVD-Kopierschutz,
der als "Puppenlock" oder "Puppetlock" bekannt
geworden ist. "Vielleicht sieht die Filmindustrie ja dadurch
ein, wie sinnlos so ein Kopierschutz eigentlich ist. Er ist kostspielig
und führt oft zu Kompatibilitätsproblemen beim Kunden",
kommentiert B. weiter.
Eines erwähnt B. jedoch nicht: AnyDVD hebelt reihenweise die
Verfahren aus, die die Industrie zusätzlich zu dem eigentlich
als Abspielkontrolle gedachten CSS einsetzt; und es ist in vielen
Ländern - so auch in Deutschland und Öster-reich - inzwischen
verboten, dies zu tun. Der reine Besitz kopierschutz-knackender Software
ist allerdings nicht strafbar.
Zumindest für sein Projekt CloneCD meint SlySoft allerdings
auf Grund eines von der Firma in Auftrag gegebenen Gutachtens, sein
Einsatz sei auch nach dem neuen Urheberrecht eigentlich gar nicht
verboten: Bei den heutzutage ein-gesetzten Kopierschutztechniken
von Audio-CDs handele es sich nicht um eine wirksame technische Maßnahme
nach § 95a Urheberrechtsgesetz, meint man bei SlySoft. Die Musikindustrie
sieht dies natürlich anders - und auch die Film-Branche wird
sich auf solche Argumentationsschienen zu AnyDVD wohl kaum einlassen.
(vza/c't)
3
Die unterstrichenen Wörter waren dabei als elektronischer Verweis
(Link) ausgestaltet; der Link bei dem Wort SlySoft in der ersten
Zeile des Artikels führ-te zum Internetauftritt des antiguanischen
Unternehmens SlySoft Inc. (im Fol-genden: SlySoft) unter der
Domainadresse slysoft.com. Von dort wurde der als deutschsprachig
erkannte Besucher automatisch auf den deutschsprachigen
Auftritt von SlySoft unter www.slysoft.com/de weitergeleitet, der
neben Angaben zu den weiteren SlySoft-Produkten CloneCD und CloneDVD
und einem mit Download beschrifteten Feld folgende Angaben zu AnyDVD
enthielt (Anla-ge K 5):
AnyDVD ist ein Treiber, der im Hintergrund
automatisch und unbemerkt eingelegte DVD-Filme entschlüsselt.
Für das Betriebssystem
und alle Programme scheint die-se DVD niemals einen Kopierschutz
oder Regionalcode-Beschränkungen gehabt zu haben. Mit Hilfe
von AnyDVD sind somit auch DVD-Kopierprogramme wie CloneDVD, Pinnacle
InstantCopy, Intervideo DVDCopy u.a. in der Lage, kopierge-schützte
DVD-Filme zu verarbeiten. AnyDVD entschlüsselt aber nicht
nur DVDs: AnyDVD ermöglicht auch das Abspielen, Kopieren und
Rippen kopiergeschützter Audio-CDs!
4
Mit E-Mail vom 20. Januar
2005 wandten sich die anwaltlichen Vertreter der Klägerinnen
an den Beklagten und forderten ihn zur Unterlassung des Links auf
die Seite von SlySoft auf, wobei sie auf die Rechtswidrigkeit des
Pro-gramms AnyDVD hinwiesen (Anlage K 13). Nachdem der Justiziar
des Beklag-ten jegliche Änderung des Artikels abgelehnt hatte,
forderten die Klägerinnen den Beklagten mit Schreiben vom
28. Januar 2005 (Anlage K 15) unter Hinweis darauf, dass er durch
die Linksetzung die rechtswidrige Verbreitung des Pro-gramms AnyDVD
unterstütze,
zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs-erklärung auf.
Der Beklagte veröffentlichte noch am selben Tag in "heise
online" einen Beitrag über die Abmahnung. In dem Beitrag
wurde erneut ein Link auf den Artikel vom 19. Januar 2005 gesetzt,
der seinerseits weiterhin den Link auf den Internetauftritt von
SlySoft enthielt (Anlage K 16):
Musikindustrie mahnt heise online
wegen Bericht über Kopiersoftware
ab
Im Auftrag diverser Großunternehmen der Musikindustrie (…)
hat die Münchner Anwaltskanzlei W. am heutigen Freitag dem
Heise Zeitschriften Verlag eine Ab-mahnung zugestellt. Darin wird
dem Verlag unter anderem vorgeworfen, durch ei-nen Artikel im Newsticker
von heise online (AnyDVD überwindet Kopierschutz von "UnDVDs")
gegen § 95a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) zu verstoßen
und ille-gal "Vorrichtungen zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen" zu
verbreiten. Diese Vorschrift verbietet unter anderem Herstellung,
Einfuhr, Verbreitung, Verkauf, Vermietung und Bewerbung derartiger
Soft- und Hardware.
Nach Ansicht der Musikindustrie liegt ein Verstoß gegen diese
Vorschrift bereits in dem Setzen eines Links auf die Eingangsseite
der Online-Präsenz eines Herstel-lers von Kopiersoftware.
Weiterhin wird dem Heise Verlag vorgeworfen, in der betreffenden
Meldung eine "Anleitung
zur Umgehung von Kopierschutzmaßnah-men" geliefert zu
haben. Damit nicht genug, sei der Beitrag sogar als "verbotene
Werbung" für den Verkauf der Software zu bewerten.
Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft
erklärte
zu der Abmahnung: ...
Der Heise Zeitschriften Verlag weist die Abmahnung
zurück. "Der
Artikel enthält weder eine Anleitung noch Werbung, es wird
im Gegenteil ausdrücklich darauf hin-gewiesen, dass die Nutzung
dieser Software in Deutschland verboten ist. Einen Link auf die
Webpräsenz
des Herstellers zu setzen, ist in der Online-Berichterstat-tung
eine Selbstverständlichkeit und angesichts der Tatsache, dass
unsere Lese-rinnen und Leser Internetsuchmaschinen kennen und bedienen
können,
ohnehin belanglos", kommentierte der Chefredakteur von heise
online, C.P. "Es muss doch gerade auch im Interesse der Rechteinhaber
von Software, Filmen und Musik lie-gen, rechtzeitig über
die Untauglichkeit von Kopierschutztechniken informiert zu werden. "
5
Am 9. Februar 2005 veröffentlichte der Beklagte
einen weiteren Beitrag in "heise online" zu AnyDVD und
CloneCD, die er darin als Programme zur Umgehung technischer Schutzmaßnahmen
bezeichnete, wobei er in den Bei-trag erneut einen Link auf den
Internetauftritt von SlySoft aufnahm (Anlage K 18):
Kopierschutz-Knacken: Ein bisschen
schwanger
Für den auf der Karibik-Insel Antigua ansässigen Software-Hersteller
Slysoft ist es ein gelungener Publicity-Coup, der Deutschen Bibliothek
(DDB) in Frankfurt ist die Angelegenheit indes eher peinlich: Unmittelbar
nach dem Bekanntwerden der Ve-reinbarung mit dem Bundesverband
der phonographischen Wirtschaft (IFPI) und dem Börsenverein
des deutschen Buchhandels, die es der DDB als nationaler Ar-chivbibliothek
in der Bundesrepublik gestattet, mit einem Kopierschutz versehene
Tonträger und Multimediawerke zum Zwecke der Langzeitarchivierung
zu knacken, hatte SlySoft der DDB unentgeltlich Lizenzen der bekannten
Programme AnyDVD und CloneCD zur Umgehung der technischen Schutzmaßnahmen
zur Verfügung gestellt.
…
In Deutschland sind seit dem Inkrafttreten der Urheberrechtsnovelle
vom Septem-ber 2003 sowohl das Knacken von Kopierschutzmaßnahmen
als auch Herstellung, Einfuhr, Verbreitung, Verkauf, Vermietung,
Bewerbung sowie der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von
kopierschutzumgehender Software verboten - nicht
jedoch der private Erwerb und Besitz, wie [SlySoft-Sprecher]
X. betont. SlySoft ver-tritt die Ansicht, dass CloneCD in Deutschland
kein illegales Programm darstellt. Die Firma weist zudem darauf
hin, dass beide - AnyDVD und CloneCD - mit einer Vielzahl von
Funktionen aufwarten, die mit dem Knacken von Kopierschutz nichts
zu tun haben. AnyDVD beispielsweise mache aus einem DVD-Laufwerk
ein Multi-Regionslaufwerk, und das Umgehen der Regionalcode-Beschränkung
sei auch nach dem neuen Urheberrecht nicht untersagt, weil es
sich dabei nicht um einen Kopierschutz handele, ist man sich
bei SlySoft sicher.
Wegen eines Berichts über AnyDVD hat die Musikindustrie den
Heise Zeitschriften Verlag abgemahnt: Durch den Bericht werde gegen § 95a
des Urheberrechtsgeset-zes (UrhG) verstoßen. Der Verlag hat
diese Abmahnung als unberechtigt zurück-gewiesen und die Unterzeichnung
der Unterlassungserklärung abgelehnt; eine an-gedrohte Klage
wurde dem Heise Zeitschriften Verlag bislang noch nicht zugestellt.
6
Die
Klägerinnen haben - zunächst mit Erfolg im Verfahren
auf Erlass ei-ner einstweiligen Verfügung (vgl. LG München
I, GRUR-RR 2005, 214; OLG München, GRUR-RR 2005, 372; BVerfGK
10, 153 = GRUR 2007, 1064) - bean-tragt,
dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel
zu verbieten, den Bezug der Software "AnyDVD" durch das
Setzen eines Hyperlinks auf einen Internetauftritt der Herstellerfirma,
auf dem diese Software zum Download angebo-ten wird, zu ermöglichen.
7
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt
(LG Mün-chen I, CR 2008, 186 = MMR 2008, 192). Die Berufung
des Beklagten ist er-folglos geblieben (OLG München, GRUR-RR
2009, 85). Mit seiner vom Beru-fungsgericht zugelassenen Revision,
deren Zurückweisung die Klägerinnen be-antragen, verfolgt
der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen,
die Klägerinnen könnten
vom Beklagten jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Teilnehmerhaftung
gemäß § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2 BGB in Verbindung
mit § 95a Abs. 3 UrhG Unterlassung des mit dem Klageantrag
beanstandeten Verhaltens verlangen. Zur nähe-ren Begründung
hat es ausgeführt:
9
Der Internetauftritt von SlySoft, zu dem der beanstandete Link
geführt
habe, habe gegen § 95a Abs. 3 UrhG verstoßen. Die Regelung
des § 95a Abs. 3 UrhG stelle ein Schutzgesetz im Sinne von § 823
Abs. 2 Satz 1 BGB dar. Die Verbreitung des Programms AnyDVD sei
durch § 95a
Abs. 3 UrhG verboten.
10
Der Beklagte habe den Verstoß von SlySoft durch den beanstandeten
Link gefördert, weil er den Lesern des Artikels den Zugang
zum rechtswidrigen Internetauftritt von SlySoft erleichtert habe,
von dem AnyDVD habe herunterge-laden werden können. Angesichts
der automatischen Weiterleitung zu der deutschsprachigen Seite
des Auftritts mit der Adresse www.slysoft.com/de sei es unerheblich,
dass der Beklagte den Link lediglich auf die Adresse www.slysoft.com
gesetzt habe.
11
Ohne Bedeutung sei auch, dass die Leser des Artikels den Internetauftritt
von SlySoft unter Zuhilfenahme der bloßen Nennung dieses
Unternehmens, die ohne Link als Berichterstattung zulässig
sei, durch eigene Maßnahmen selbst hätten auffinden
können. Dass eine
rechtswidrige Haupttat auch ohne den Bei-hilfebeitrag erfolgen
könnte,
lasse den Unterstützungscharakter der tatsächlich erfolgten
Gehilfenhandlung nicht entfallen.
12
Der Beklagte habe bei der Linksetzung mit Teilnehmervorsatz gehandelt.
Er habe selbstverständlich gewusst, dass er seinen Lesern
durch den Link die Zugangsmöglichkeit zum Internetauftritt
von SlySoft erleichterte. Der Beklagte habe auch gewusst, dass
SlySoft das Programm AnyDVD per Download über das Internet
verbreitete und deren Internetauftritt dem Vertrieb diente. Die
Rechtswidrigkeit des Angebots sei dem Beklagten bekannt gewesen.
Die Teil-nehmerhaftung des Beklagten sei jedenfalls dadurch begründet
worden, dass er nach der Abmahnung mit den Beiträgen vom 28.
Januar und 9. Februar 2005 weiterhin einen Link auf den Internetauftritt
von SlySoft gesetzt habe.
13
Die Unterstützung der rechtswidrigen Handlungen von SlySoft
durch den Beklagten sei nicht als Pressetätigkeit durch Art.
5 Abs. 1 Satz 2 GG gerechtfer-tigt. Im Streitfall könne zwar
im Hinblick auf die distanzierenden und kommen-tierenden Ausführungen
in dem Artikel des Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass
er sich durch die Linksetzung die Aussagen von SlySoft in dem verlinkten
Internetauftritt habe zu eigen machen wollen. Die Regelung des § 95a
Abs. 3 UrhG sowie die Grundsätze der Teilnehmerhaftung stellten
jedoch einschränkende allgemeine Gesetze im Sinne von Art.
5 Abs. 2 GG dar. Bei der danach gebotenen Abwägung der gegenläufigen
grundrechtlichen Belange un-ter Berücksichtigung aller relevanten
Umstände des Streitfalls sei ausschlagge-bend, dass der Beklagte
in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des SlySoft-Angebots und damit
vorsätzlich
gehandelt habe. Jedenfalls wenn Verletzungen urheber-rechtlicher
Schutzgesetze gewerbsmäßig und in erheblichem Umfang
erfolgten, rechtfertigten weder der grundrechtliche Schutz der
Medien im Allgemeinen noch die besondere Bedeutung der Linksetzung
für den Online-Journalismus
eine vorsätzliche Unterstützung der Rechtsverletzung.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe
der Revision haben Erfolg; sie führen zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Auffassung des Berufungsgerichts,
die beanstandeten Handlun-gen des Beklagten seien nicht durch das
Recht des Beklagten auf freie Mei-nungsäußerung und
freie Presseberichterstattung gerechtfertigt, hält der recht-lichen
Nachprüfung nicht stand.
15
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerinnen seien
zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Verletzung
des § 95a UrhG berechtigt, weil sie bei den von ihnen hergestellten
Bild- und Tonträgern wirksame Kopierschutzmaßnahmen im
Sinne dieser Bestimmung verwendeten. Es kann dahinstehen, ob die
Rügen der Revision gegen die tatsächlichen
Feststel-lungen des Berufungsgerichts durchgreifen, die dieser
- als solchen rechtlich unbedenklichen (vgl. BGH, Urteil vom 17.
Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 17 = WRP 2008, 1449
- Clone-CD) - Beurteilung zugrunde liegen. Denn den Klägerinnen
steht ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten unter dem Gesichtspunkt
der Teilnehmerhaftung nach § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2
BGB in Verbindung mit § 95a Abs. 3 UrhG jedenfalls deshalb
nicht zu, weil die beanstandeten Handlungen des Beklagten entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts vom Recht auf freie Meinungsäußerung
(vgl. Art. 6 EUV i.V.m. Art. 11 Abs. 1 der Charta der Grundrechte
der Europäischen Union; Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und freie
Berichterstattung (vgl. Art. 6 EUV i.V.m. Art. 11 Abs. 2 der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union; Art. 5 Abs. 1 Satz
2 GG) umfasst werden.
16
a) Das Berufungsgericht hat die Haftung des Beklagten damit begründet,
er habe vorsätzlich zu einem - jedenfalls drohenden - Verstoß von
SlySoft ge-gen § 95a Abs. 3 UrhG Beihilfe geleistet. Den (drohenden)
Verstoß von SlySoft hat das Berufungsgericht darin gesehen,
dass der Inhalt der Internetseiten www.slysoft.com/de gegen das
Verbot verstoße, Erzeugnisse zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen
zu verbreiten. Der Beklagte habe diesen Verstoß gefördert,
indem er einen Link auf die Adresse www.slysoft.com gesetzt habe,
von der eine automatische Weiterleitung zu der deutschsprachigen
Seite mit den Adressen www.slysoft.com/de bestanden habe. Das für
den Teilnehmer-vorsatz erforderliche Bewusstsein der Rechtswidrigkeit
ergebe sich hinsichtlich des Presseartikels vom 19. Januar 2005
zwingend bereits daraus, dass in ihm das Angebot von AnyDVD selbst
als rechtswidrig bezeichnet worden sei, indem darauf hingewiesen
worden sei, AnyDVD hebele reihenweise die Verfahren aus, die
die Industrie (zum Kopierschutz) einsetze; dies sei unter anderem
in
Deutschland verboten. Hinsichtlich der Beiträge vom 28. Januar
und 9. Februar 2005 hätten die Abmahnungen der Klägerinnen
vom 20. und 28. Januar 2005 das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit
herbeigeführt.
17
Eine Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hat das Berufungsgericht
mit der Begründung abgelehnt, bei der allein streitgegenständlichen
Linksetzung handele es sich nicht um eine Meinungsäußerung
im Sinne dieser Vor-schrift; vielmehr gehöre sie als technische
Unterstützungsleistung einer gänz-lich anderen Kategorie
an und unterfalle daher allein dem Gewährleistungsbe-reich
der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Bei der nach Art.
5 Abs. 2 GG gebotenen Abwägung überwiege das Interesse
der Klägerinnen am Schutz der ihnen zustehenden urheberrechtlichen
Rechtspositionen. Im Rahmen der Abwägung sei zu beachten,
dass das Wesentliche eines Links nicht die Mittei-lung einer Information
sei - etwa der Adresse des Internetauftritts, auf den ver-wiesen
werde -, sondern der davon zu unterscheidende zusätzliche
Service, den Nutzer unmittelbar mit dieser Website zu verbinden.
Dies eröffne
eine neue Dimension, die über die eigentliche redaktionelle
Berichterstattung hinausgehe und im Offline-Bereich kein Äquivalent
habe. Die mit dem Verbot des streitge-genständlichen Links
verbundene Einschränkung der Pressefreiheit betreffe nur den
Aspekt, die Verbindung zur fraglichen Website zu ermöglichen.
Insoweit gehe es nicht um die Mitteilung von Meinungen oder Tatsachen
zur Meinungs-bildung, die in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit
falle und deren Rah-menbedingungen dem Kernbereich der Medienfreiheit
zuzuordnen seien, son-dern um die weniger zentrale Frage, welchen
Service ein Medienunternehmen über
die Informationsverschaffung hinaus erbringen dürfe. Der Link
diene ledig-lich der Ergänzung der redaktionellen Berichterstattung.
18
Ausschlaggebend
sei im Streitfall, dass der Beklagte in Kenntnis der Rechtswidrigkeit
des Angebots von SlySoft und damit vorsätzlich
gehandelt ha-be. Jedenfalls wenn Verletzungen urheberrechtlicher
Schutzgesetze wie im Streitfall gewerbsmäßig und in erheblichem
Umfang erfolgten, rechtfertigten weder der grundrechtliche Schutz
der Medien im Allgemeinen noch die beson-dere Methode der Linksetzung
für den Online-Journalismus
eine vorsätzliche Unterstützung der Rechtsverletzung.
19
b) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts unterliegen schon
im Aus-gangspunkt durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Auffassung
des Beru-fungsgerichts, es sei bei der rechtlichen Beurteilung
der beanstandeten Beiträ-ge des Beklagten streng zwischen
der - sich von dem Angebot der SlySoft dis-tanzierenden und daher
grundsätzlich
als zulässig anzusehenden - redaktionel-len Berichterstattung
als solcher und der (allein angegriffenen) Linksetzung zu unterscheiden,
wird dem Gewährleistungsgehalt der Meinungs- und Pressefrei-heit
nach Art. 6 EUV, Art. 11 Abs. 1 und 2 der Charta der Grundrechte
der Eu-ropäischen Union (im Folgenden: EU-Grundrechtecharta),
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG nicht in dem gebotenen Maße
gerecht.
20
aa) Die Vorschrift des § 95a UrhG beruht auf
Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte
des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.
Nach Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten
bei Verletzungen der in der Richtlinie festgelegten Rechte und
Pflichten angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe vorzusehen und
alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um deren Anwendung
sicherzustellen. Die betreffenden Sanktionen müssen wirk-sam,
verhältnismäßig
und abschreckend sein. Bei der Auslegung der Richtlinie sowie des
ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts (§ 95a UrhG) sind
nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta die in dieser niedergelegten
Grundrechte zu beachten (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - C-465/00,
Slg. 2003, I-4989 = EuGRZ 2003, 232 Rn. 68, 80 - Rechnungshof/Österreichischer
Rundfunk u.a.; BVerfK 10, 153 = GRUR 2007, 1064 Rn. 20; Jarass,
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art.
51 Rn. 16). Die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung
und auf freie Berichterstattung (Art. 11 Abs. 1 und 2 EU-Grundrechtecharta)
dürfen nur unter
Beachtung des Verhältnismäßig-keitsgrundsatzes
eingeschränkt
werden (vgl. Jarass aaO Art. 11 Rn. 19, 42 mwN).
21
bb) Der Schutz der Pressefreiheit umfasst ebenso wie der Schutz
der Meinungsfreiheit das Recht, den Gegenstand einer Berichterstattung
frei zu wählen. Inhalt und Qualität der vermittelten
Information oder Meinung sind für die Anwendung von Art. 11
EU-Grundrechtecharta ohne Belang (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März
2001 - C-274/99 P, Slg. 2001, I-1611 = DVBl 2001, 716 Rn. 39 -
Connolly/Kommission; Jarass aaO Art. 11 Rn. 8 mwN). Es ist daher
insbesondere nicht Aufgabe der Gerichte zu entscheiden, ob ein
bestimmtes Thema überhaupt
berichtenswert ist oder nicht (vgl. EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 63;
vgl. zu Art. 5 GG BVerfG(Kammer), NJW 2001, 1921, 1922; AfP 2010,
365 Rn. 29). Der Grundrechtsschutz umfasst die Meinungs- und Pressefreiheit
in sämtlichen Aspekten. Er erstreckt sich nicht nur auf den
Inhalt, sondern auch auf die Form der Meinungsäußerung
oder Berichterstattung (vgl. Jarass aaO Art. 11 Rn. 10 mwN; zu
Art. 5 GG BVerfGE 93, 266, 289 = NJW 1995, 3303); zum Recht auf
freie Presseberichterstattung gehört gleichfalls neben der
inhalt-lichen die formale Gestaltungsfreiheit (vgl. EGMR, NJW 2000,
1015 Rn. 63; zu Art. 5 GG vgl. BVerfGE 97, 125, 144; BVerfG, NJW
2000, 1021, 1024 mwN).
22
cc) Der beanstandete Link in den Beiträgen
des Beklagten auf die Internetseite von SlySoft gehört in diesem
Sinne zum nach Art. 11 EU-Grundrechte-charta, Art. 5 Abs. 1 Satz
1 und 2 GG geschützten
Bereich der freien Berichter-stattung. Er beschränkt sich
nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, auf eine bloß technische
Erleichterung für den Aufruf der betreffenden Internet-seite.
Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, erschließt
ein Link vergleichbar einer Fußnote zusätzliche Informationsquellen
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00, BGHZ 156,
1, 15 - Paperboy). Indem das
Berufungsgericht diesen informationsverschaffenden Charakter
des Links auf der einen Seite und seine in der Erleichterung
des Aufrufs der verlinkten Inter-netseite bestehende technische
Funktion auf der anderen Seite als zwei ge-sondert zu würdigende
Aspekte betrachtet, berücksichtigt es nicht hinreichend, welche
Bedeutung den vom Beklagten gesetzten Links auf fremde Internetsei-ten
nach dem Gesamteindruck der beanstandeten Beiträge vom 19.
und 28. Januar sowie vom 9. Februar 2005 für das Recht auf
freie Berichterstattung zukommt.
23
(1) Die in dem Beitrag vom 19. Januar
2005 verwendeten Links sollen, wie für den Leser schon aus dem
Beitrag selbst ersichtlich ist, weitere Informa-tionen über
das Unternehmen SlySoft, über
UnCDs, die in dem Beitrag genann-ten Kopierschutzprogramme ARccOS
und Settec Alpha-DVD sowie über die Regelung des § 95a
UrhG zugänglich machen. Sie dienen im Zusammenhang des gesamten
Beitrags damit entweder als Beleg für einzelne ausdrückliche
Angaben oder sollen diese durch zusätzliche Informationen
ergänzen.
Dasselbe gilt für die Links in den Beiträgen vom 28.
Januar und 9. Februar 2005. So wird beispielsweise in dem Beitrag
vom 9. Februar 2005 mit dem Link auf die Ver-einbarung zwischen
der DDB und dem Bundesverband der phonographischen Wirtschaft sowie
dem Börsenverein
des deutschen Buchhandels nicht nur be-legt, dass eine solche Vereinbarung
tatsächlich geschlossen worden ist, son-dern es wird ergänzend
deren genauer Inhalt zugänglich gemacht. Dieselbe Funktion
haben in diesem Beitrag die Links auf den von den Klägerinnen
bean-standeten Beitrag vom 19. Januar 2005 und auf deren dagegen
gerichtete Abmahnung.
24
(2) Die Links in den Beiträgen des Beklagten erschöpfen
sich demnach nicht in ihrer technischen Funktion, den Aufruf der
verlinkten Seiten zu erleich-tern. Sie sind vielmehr in die Beiträge
und in die in ihnen enthaltenen Stellung-nahmen als Belege und
ergänzende
Angaben eingebettet und werden schon aus diesem Grund nicht nur vom
Gewährleistungsgehalt der Pressefreiheit,
sondern auch von der Meinungsfreiheit erfasst (vgl. dazu BVerfG(Kammer),
NJW-RR 2010, 470 Rn. 58 f.). Der vom Berufungsgericht angeführte
Umstand, dass die durch die Linksetzung zugänglich gemachten
Informationen auch im Wege der (ausdrücklichen) Berichterstattung
vermittelt werden könnten, also auch durch unmittelbare Wiedergabe
in dem entsprechenden Beitrag, steht dem nicht entgegen, da - wie
dargelegt - zum einen der Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit
auch die äußere Form der Berichterstattung umfasst und
es zum anderen wegen des Selbstbestimmungsrechts des jeweiligen
Grundrechts-trägers
diesem überlassen bleiben muss, welche Form der Gestaltung
er für seine Berichterstattung wählt. Auch die Entscheidung
darüber, ob weitere An-gaben über ein Unternehmen und
die Produkte (hier: SlySoft), über seine in einem grundsätzlich
in den Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit fallenden
Beitrag berichtet wird, ausdrücklich in den Beitrag aufgenommen
oder mit Hilfe eines Links auf die Internetseite dieses Unternehmens
zugänglich
ge-macht werden, genießt folglich den Grundrechtsschutz.
25
c) Die Interessenabwägung des Berufungsgerichts kann
schon aus die-sem Grund keinen Bestand haben. Sie ist darüber
hinaus aus Rechtsgründen zu beanstanden, weil das Berufungsgericht
dem Umstand, dass der Beklagte Kenntnis von der Rechtswidrigkeit
des Angebots der SlySoft hatte, ein zu gro-ßes Gewicht beigemessen
hat.
26
aa) Der Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit umfasst auch
Informa-tionen, die Dritte beleidigen, aus der Fassung bringen
oder sonst stören
können (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2001 - C-274/99
P, Slg. 2001, I-1611 = DVBl 2001, 716 Rn. 39 - Connolly/Kommission;
EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 62). Grundsätzlich darf daher auch über Äußerungen,
durch die in rechtswidriger Weise Persönlichkeitsrechte Dritter
beeinträchtigt worden sind, trotz der in der Weiterverbreitung
liegenden Perpetuierung oder sogar Vertiefung des Ersteingriffs berichtet
werden, wenn ein überwiegendes Informationsinteresse
besteht und der Verbreiter sich die berichtete Äußerung
nicht zu eigen macht (vgl. EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 59 ff.; vgl.
zu Art. 5 GG BVerfGK 10, 153 = GRUR 2007, 1064 Rn. 19; BVerfG(Kammer),
NJW 2004, 590, 591). Ein solches über-wiegendes Informationsinteresse
kann auch gegeben sein, wenn die Berichter-stattung eine unzweifelhaft
rechtswidrige Äußerung zum Gegenstand hat (vgl. BVerfGK
10, 153 = GRUR 2007, 1064 Rn. 19), also gegebenenfalls selbst dann,
wenn dem Verbreiter die Rechtswidrigkeit des Vorgangs bekannt ist, über
den er berichtet. Dem wird die Würdigung des Berufungsgerichts
nicht gerecht, das dem Umstand, dass der Beklagte Kenntnis von
der Rechtswidrigkeit des Angebots der SlySoft hatte, unabhängig
von der Schwere des Eingriffs in die urheberrechtlichen Befugnisse
der Klägerinnen auf der einen und dem Gewicht des von dem
Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresses auf der an-deren
Seite eine für die Abwägung der widerstreitenden Interessen
ausschlag-gebende Bedeutung beigemessen hat.
27
bb) Das Berufungsgericht
hat in diesem Zusammenhang weiter darauf abgestellt, dass jedenfalls
dann, wenn urheberrechtliche Schutzgesetze in ei-nem erheblichen
Umfang gewerbsmäßig verletzt würden,
eine vorsätzliche Un-terstützung der Rechtsverletzung
durch eine Berichterstattung der vorliegenden Art nicht gerechtfertigt
sei. Dabei hat es nicht hinreichend berücksichtigt, dass gerade
die Schwere des in Frage stehenden Verstoßes ein besonderes
Infor-mationsinteresse begründen kann. Dem kann zwar auf der
anderen Seite auch ein aus der Schwere des Verstoßes herrührendes
besonderes Gewicht des Ein-griffs in die grundrechtlich geschützten
Positionen des von der Berichterstattung betroffenen Grundrechtsträgers
entgegenstehen. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht für
die Berichterstattung des Beklagten als solche jedoch mit Recht
angenommen, dass insoweit ein gegenüber dem damit verbundenen
Eingriff in die urheberrechtlichen Interessen der Klägerinnen überwiegendes öffentliches Informationsinteresse bestanden hat. Dann ist
aber nicht ersichtlich, dass der Eingriff in die urheberrechtlichen
Befugnisse der Klägerinnen durch die Setzung des Links auf
die Internetseite von SlySoft erheblich vertieft worden ist. Denn
für den durchschnittlichen
Internetnutzer war es bereits aufgrund der An-gabe der Unternehmensbezeichnung
SlySoft mit Hilfe von Suchmaschinen oh-ne weiteres möglich,
den Internetauftritt dieses Unternehmens aufzufinden.
28
cc) Die isolierte, allein auf die technische Funktion
des Links abstellende Beurteilung des Berufungsgerichts lässt
ferner außer Acht,
dass in den Beiträ-gen des Beklagten deutlich auf die Rechtswidrigkeit
des Angebots von SlySoft hingewiesen worden ist. Das Berufungsgericht
hat insoweit für den Beitrag vom 19. Januar 2005 rechtsfehlerfrei
festgestellt, dort sei für den Leser unmissver-ständlich
ausgedrückt, dass das Angebot von AnyDVD rechtswidrig sei.
Für
die Beiträge vom 28. Januar und 9. Februar 2005 ergibt sich
dies mit derselben Deutlichkeit schon aus dem dort geschilderten
Vorgehen der Klägerinnen ge-gen den Beklagten. Dem Leser der
Beiträge des Beklagten, der den dort ge-setzten Link zum Internetauftritt
von SlySoft nutzt, ist demnach bewusst, dass das auf den aufgerufenen
Seiten der SlySoft von dieser beworbene Angebot jedenfalls vom
Beklagten und den angeführten Unternehmen der Musikindustrie
als rechtswidrig angesehen wird. Auch wegen dieser mit den Beiträgen
des Be-klagten verbundenen Warnfunktion kommt der Setzung des Links
bei der Ab-wägung
der widerstreitenden Interessen entgegen der Auffassung des Beru-fungsgerichts
kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Die von den Klägerinnen
ausgesprochenen Abmahnungen haben auf die dieser Interessenabwägung
zugrunde liegenden Faktoren keinen Einfluss. Dass sie, wie das
Berufungsge-richt ausgeführt hat, das Bewusstsein des Beklagten
von der Rechtswidrigkeit (der Haupttat) herbeigeführt hätten,
weil sie hinreichend plausibel die Rechts-widrigkeit des SlySoft-Auftritts
dargelegt hätten,
ist ohne Bedeutung. Die Kennt-nis des Beklagten von der Rechtswidrigkeit
des Angebots von SlySoft ergibt
sich schon aus dem Artikel vom 19. Januar 2005, wie das Berufungsgericht
an anderer Stelle selbst rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Auch
unter Berücksichti-gung dieser Kenntnis überwiegt der
Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit des Beklagten, wie dargelegt,
die urheberrechtlich geschützten Interessen der Klägerinnen.
Es ist daher unerheblich, dass die Beiträge vom 28. Januar
und 9. Februar 2005 nach dem Zugang der Abmahnungen vom 20. und
28. Januar 2005 veröffentlicht worden sind.
29
2. Da die beanstandeten Beiträge des Beklagten
einschließlich
der dort gesetzten Links dem Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit
unterfal-len, stehen den Klägerinnen die geltend gemachten
Unterlassungsansprüche
schon aus diesem Grund auch nicht nach den Grundsätzen der
Störerhaftung
zu. Die Frage, ob diese Grundsätze bei Verstößen
gegen § 95a UrhG über-haupt zur Anwendung gelangen,
kann daher offenbleiben.
30
3. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen
Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Auslegung der durch den Streitfall
aufgeworfenen Fragen des Unionsrechts bedarf es nicht. Die anzuwendenden
Grundsätze
sind durch die Rechtsprechung der europäischen Gerichte geklärt
(vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415
= NJW 1983, 1257, 1258 - C.I.L.F.I.T.). Insbesondere ist eine solche
Klärung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte zur Europäischen Konven-tion zum Schutz
der Menschenrechte erfolgt. Die Bestimmungen der Konventi-on sind
nach Art. 6 Abs. 3 EUV als allgemeine Grundsätze Teil des
Unions-rechts, so dass die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für
Men-schenrechte bei der Auslegung dieser Grundrechte des Unionsrechts
zu beach-ten ist. Wegen der Anwendung der durch die Unionsrechtsprechung
geklärten Grundsätze auf den Einzelfall ist eine Vorlage
gleichfalls nicht geboten.
31
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage
auf die Berufung des Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen
Urteils abzu-weisen.
32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.11.2007 - 21 O 6742/07
-
OLG München, Entscheidung vom 23.10.2008 - 29 U 5696/07
- |