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BGH
Urteil vom 02.03.2010VI ZR 23/09
Internationale Zuständigkeit bei rechtsverletzenden Veröffentlichungen im
Internet JurPC Web-Dok. 116/2010, Abs. 1 - 25 |
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Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The
New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am
12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am
selben Tag in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im
"Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger
in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in
Anspruch. |
JurPC Web-Dok.
116/2010,
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Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York
eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. und das von ihm
beherrschte Unternehmen C.E.M. wegen Bestechung ukrainischer
Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und
als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen
Unternehmen in Deutschland nach Berichten der amerikanischen und deutschen
Ermittlungsbehörden Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird
behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in
Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt. |
Abs. 2 |
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Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner
vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die
beanstandeten Äußerungen im Internet zum Abruf bereit zu halten. |
Abs. 3 |
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Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in AfP 2009, 159 veröffentlicht ist,
hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach
§ 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines
Persönlichkeitsrechts durch den beanstandeten Artikel nicht in Deutschland
begangen worden sei. Die Printausgabe der "New York Times" vom
12. Juni 2001 sei nicht im regelmäßigen Geschäftsverkehr nach
Deutschland ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden
Verbreitung im Inland fehle. |
Abs. 4 |
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Auch die Veröffentlichung des Artikels im Internet begründe keinen
Gerichtsstand in Deutschland. Der Artikel weise nicht den erforderlichen
Inlandsbezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an
Internetnutzer in Deutschland. Für diese Beurteilung sei insbesondere
maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "New York Times"
abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das
amerikanische, insbesondere das Publikum im Raum New York, abgestimmt sei. Die
Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder
regionalen Tageszeitung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise
objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb
anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße.
Dass Deutschland in der Online-Ausgabe der "New York Times" als "country of
residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie
die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft
Deutschland als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem
Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten
Online-Leserschaft der "New York Times" und bedeute unter
Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu vernachlässigende Auswirkung im
inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade
auch in Deutschland Aufsehen erregt habe und dort von der deutschen Presse
zitiert worden sei. Dass der Kläger in Deutschland einen Wohnsitz habe und in
dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den
erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht. |
Abs. 5 |
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Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. |
Abs. 6 |
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Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die
internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung
des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist
(vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 -
I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N;
vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479),
nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche
Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die
Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte
(vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 -
NJW 1977, 1590; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91
- NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.). |
Abs. 7 |
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1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten
Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen
behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung
ergibt (vgl. BGHZ 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.N.).
Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch
der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die
Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut
eingegriffen wurde (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben
Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH,
Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - AfP 1994, 288, 290;
Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16;
Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23).
§ 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung
eingetreten ist. Es genügt, wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende
Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen. |
Abs. 8 |
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2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche
Anknüpfungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein
geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff
droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den
Abruf von auf einer Internet-Website eingestellten Inhalten eintritt oder
einzutreten droht. |
Abs. 9 |
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a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende
Äußerungen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass
die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das
Presseerzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 -
VI ZR 24/75 - aaO, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne
allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des Presseerzeugnisses
dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht
werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein
oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der
Betriebsorganisation des Verlegers oder Herausgebers nicht erfasst und in das
das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert werde (ebenda). |
Abs. 10 |
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b) Die genannte Entscheidung kann auf Internetdelikte allerdings
nicht ohne weiteres übertragen werden. Internetinhalte werden regelmäßig nicht
"verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. Pichler in
Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, Kap. 25
Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG:
Informationen, die Diensteanbieter "zur Nutzung bereit halten"). Im Gegensatz
zu Druckerzeugnissen lässt sich im Internet auch ein räumlich abgegrenztes
Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. Roth, Die
internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei
Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 254 f.). Dementsprechend
ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im
Internet ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines
Erfordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung
(vgl. zum Meinungsstand Roth, aaO, S. 232 ff.). |
Abs. 11 |
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aa) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im
Hinblick auf den Charakter des World-Wide-Web die bloße Abrufbarkeit der
rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend
(vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den
Medien, 3. Aufl., Rn. 831;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. Art. 5
EuGVVO Rn. 23; Bachmann, IPrax 1998, 179, 184; Coester-Waltjen,
Festschrift für Schütze, 1999, S. 175, 184; Spindler, ZUM 1996, 533, 562;
Schack MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: OLG Karlsruhe,
MMR 2002, 814, 815; OLG Hamburg, MMR 2002, 822, 823;
OLG Hamburg, IPrax 2004, 125, 126; zum Namensrecht: OLG München,
MMR 2002, 166, 167; zum Persönlichkeitsrecht: KG AfP 2006, 258, 259). |
Abs. 12 |
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bb) Andere nehmen einen Erfolgsort bei Internetdelikten im Inland
sowohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der -
§ 32 ZPO im Wesentlichen gleichgelagerten - Bestimmung des
Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO nur dann an, wenn der beanstandete
Internetauftritt gemäß der zielgerichteten Bestimmung des Betreibers im Inland
abrufbar ist (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 207 ff.
m.w.N.). So hält der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei
Wettbewerbsverletzungen nur dann für gegeben, wenn sich der beanstandete
Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich
bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. BGHZ 167,
91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung
einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf
Urheberrechtsverletzungen (OLG Köln, GRUR-RR 2008, 71),
Namensrechtsverletzungen (KG, NJW 1997, 3321), Kennzeichenverletzungen
(LG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb (LG Krefeld, AfP 2008, 99, 100) und auf
Persönlichkeitsrechtsverletzungen (OLG Celle, OLGR 2003, 47;
OLG Düsseldorf, AfP 2009, 159; AG Charlottenburg, MMR 2006, 254,
255) übertragen. |
Abs. 13 |
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cc) Das Tribunal de grande instance de Paris hält im
Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO die Anzahl der Abrufe der
rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat für ein maßgebliches
Abgrenzungskriterium (vgl. Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue
le 27 Avril 2009, 17. Ch. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 sowie Ordonnance
du Juge de la Mise en Etat, rendue le 6 Juillet 2009, 17. Ch. Presse-Civile,
Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-278/09
- Verfahren erledigt durch die Unzuständigkeit feststellenden Beschluss des
EuGH vom 20. November 2009, ABl. C 24/18 vom
30. Januar 2010). |
Abs. 14 |
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dd) Für Kennzeichenverletzungen neigt der I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zu
einer Begrenzung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren
Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein
kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - NJW 2005,
1435, 1436; ähnlich Roth, aaO, S. 276 ff.; von Hinden,
Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88). Ähnliche
Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs
vom 12. Dezember 2000 (BGHSt 46, 212) zugrunde. Danach tritt dann,
wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der
Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das Internet
einstellt, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, ein zum
Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur
Friedensstörung im Inland geeignet sind (ebenda). |
Abs. 15 |
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c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch
Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichte entsprechend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen. |
Abs. 16 |
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aa) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden
Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des
§ 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte Tatortanknüpfung stellt
eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des
Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. BGHZ 115, 90, 92;
Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in
der durch den Handlungs- oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der
Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 -
VI ZR 24/75 - aaO; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 180, 195;
Bachmann, aaO, S. 181; Roth, aaO, S. 276; Zöller-Vollkommer, aaO,
§ 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem bestimmten Forum wird
durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte allein jedoch nicht
begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen
Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit
genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des
Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung
beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten
und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen
Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. Pichler in
Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 198). |
Abs. 17 |
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bb) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der
rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich
(vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 -
VersR 2010, 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht
voraussetzen, dass sich die beanstandete Website "gezielt" oder
"bestimmungsgemäß" auch an deutsche Internetnutzer richten soll. Dieses
Einschränkungskriterium, das bei marktbezogenen Delikten wie
Wettbewerbsverletzungen seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche
Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen bei
Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern
tritt unabhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des
rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. Pichler in
Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 229, 251; von Hinden, aaO, S. 83). |
Abs. 18 |
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cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der
rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat aus jedenfalls bei
Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für
die Bestimmung des erforderlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die
Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen
ist sie dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus
Datenschutzgründen nicht uneingeschränkt zugänglich (vgl. Roth, aaO.,
S. 232 ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft
gerichtet und setzt keine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung voraus. |
Abs. 19 |
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dd) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend
beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne
aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des
Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des
Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer
Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls,
insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland
tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann
(vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 -
VI ZR 217/08 - aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom
13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - aaO; Pichler, in:
Hoeren/Sieber aaO, Kap. 25 Rn. 210; Lütcke,
Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, 2000, S. 135, 137; Roth
aaO, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom
10. Dezember 2002 - Dow Jones and Company Inc.
v. Gutnick [2002] HCA 56; 210 CLR 575; 194 ALR 433; 77 ALJR 255,
abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html).
Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung
nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies
aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Roth
aaO, S. 278 ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines
Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland
eintreten würde (vgl. Bachmann, IPrax 1998, 179, 185; Pichler in
Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 251; Roth aaO, S. 282 ff.). |
Abs. 20 |
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3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit
der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch
anhängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die
angegriffenen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug
auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an ihrer
Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland
wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte
europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia
nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der
Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des
internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in
die USA untersagt. |
Abs. 21 |
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Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder
wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes
Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und
erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die
Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im
Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of
residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als
Wohnsitz angegeben hatten. |
Abs. 22 |
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Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in Deutschland
wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland
genießt, jedenfalls auch in Deutschland gestört bzw. gefährdet
(vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen:
Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO). |
Abs. 23 |
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der erforderliche
Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des
Internetauftritts, dem sogenannten "Metropolitan Desk", zum Abruf bereit
gehalten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe
einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen
Inhalten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die
entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in
Washington verfasst; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen
Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse,
nämlich der Bestechung osteuropäischer Beamter zur Förderung eigener
geschäftlicher Interessen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der
Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die
Möglichkeit hat, ihn interessierende Inhalte mit der Suchfunktion -
beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu
ermitteln. Soweit das Berufungsgericht annimmt, der angegriffene Artikel habe
im Inland zu vernachlässigende Auswirkungen, weil ihn lediglich 14.484 Personen
zur Kenntnis hätten nehmen können, übersieht es zum einen, dass es zur
Begründung der internationalen Zuständigkeit bei
Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsgesichtspunkte ankommt
(vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO,
S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der
soziale Geltungsanspruch des Klägers bereits dann erheblich tangiert sein kann,
wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen
Behauptungen zur Kenntnis nimmt. |
Abs. 24 |
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4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO
teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung an das Landgericht im
Wege eigener Sachentscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam schon deshalb nicht in
Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538
Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 -
III ZR 176/02 - NZM 2003, 375; Musielak/Ball, ZPO,
7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das
Berufungsgericht auch den in der Revisionserwiderung vorgebrachten Bedenken
gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben.
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JurPC Web-Dok.
116/2010, Abs. 25 |
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