Mobile
Verkehrszeichen und Abschleppen in Berlin
In Berlin
kennt sie jeder - die beweglichen Halteverbotschilder
mit einem, im besten Fall lesbaren Zettel, wo für
einen gewissen Zeitraum eine Halteverbotszone angeordnet
wird. Was aber, wenn man sein Kfz ordnungsgemäß abstellt,
in den Urlaub fährt und erst kurz darauf eine
solche Zone eingerichtet wird? Wie soll man davon
Kenntnis erlangen und vor allem, wieso soll man
die Umetzungskosten
übernehmen?
Bei dem Vorgang
handelt es sich um das Einrichten einer kurzfristigen
Halteverbotszone durch sogenannte "mobile
Verkehrszeichen". In einer Großstadt
wie Berlin ist es erforderlich, flexibel auf Verkehrserfordernisse
reagieren zu können. Die Einrichtung kurzfristiger
Halteverbotszonen dient zur Vorbereitung von Bauarbeiten,
Umzügen oder auch Großveranstaltungen.
Die mobilen Verkehrszeichen werden rechtzeitig
drei Tage vorher aufgestellt, damit zum fraglichen
Zeitpunkt das Halteverbot als bekannt anzusehen
ist.
Nach Ablauf
der dreitägigen Frist werden die in der Halteverbotszone
parkenden Fahrzeuge umgesetzt, wenn das Fahrzeug
den Verkehr derart behindert, daß zur Wiederherstellung
der Straßenverkehrssicherheit das Abschleppen
des Fahrzeugs erforderlich ist.
In Berlin
findet sich die Rechtsgrundlage für das Umsetzen
von Kfz in § 15 Abs.1 Allgemeines Sicherheits-
und Ordnungsgesetz (ASOG). Demnach werden Kfz auf
Anordnung der Polizei umgesetzt, indem das dem
Halter obliegende Gebot des Halteverbotsschildes,
nämlich sein Kfz zu entfernen, unmittelbar
durch die Beamten selbst ausführt wird. Dabei
entstehende Kosten sind in Berlin gemäß
§§ 1 Abs.1, 3 Abs.1, 10 Abs.2 des Gesetzes über
Gebühren und Beiträge (GebG) in Verbindung
mit der aufgrund des § 6 Abs.1 dieses Gesetzes
erlassenen Gebührenordnung für die Benutzung
polizeilicher Einrichtungen (PolBenGebO) entweder
vom Veranlasser der Verkehrszeichenaufstellung, dem
sogenannten Nutznießer dieser Umsetzung, oder
aber vom Halter des Kfz zu erstatten.
Bislang wurde
in Berlin so verfahren, daß bei Aufstellung
der mobilen Halteverbotsschilder eine Liste der
bereits in der eingerichteten Parkverbotszone parkenden
Fahrzeuge angefertigt wurde. Nach drei Tagen wurden
alle dort parkenden Fahrzeuge soweit erforderlich
umgesetzt. Die Kosten der in der Liste aufgeführten
Kfz wurden dem Nutznießer der Umsetzung auferlegt.
Die Fahrzeughalter der nach der Verkehrzeichenaufstellung
geparkten Kfz mußten selbst die Kosten tragen.
Diese Vorgehensweise
wurde durch das Berliner Verwaltungsgericht für
unzulässig erklärt.
Nach Auffassung
des Gerichts waren auch die Fahrzeuge verkehrswidrig
abgestellt, die sich vor Einrichtung der Halteverbotszone
dort befanden, da sich in der Aufstellung der Halteverbotsschilder
für jeden Fahrzeughalter die Verkehrswidrigkeit
des Abstellens manifestiere. Ein durchschnittlicher
Kraftfahrer hätte bei Einhaltung der nach § 1
StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem beiläufigen
Blick die Verkehrszeichen erfassen können.
Deshalb entfalten Verkehrszeichen ihre Wirkung
gegenüber jeden von der Regelung betroffenen
Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er die
Verkehrszeichen wahrgenommen hat oder nicht. Es
kommt lediglich auf die objektive Möglichkeit
der Kenntnisnahme und nicht auf die tatsächliche
Kenntnisnahme durch den Fahrzeugführer an.
Unerheblich sind die Gründe, wegen derer eine
tatsächliche Kenntnisnahme nicht möglich
war. Bei ordnungsgemäßer Aufstellung äußere
das Verkehrszeichen seine Rechtswirkung gegenüber
jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer,
wobei Verkehrsteilnehmer auch derjenige sei, der
sich nicht im Straßenverkehr bewegt, sondern
sein Fahrzeug am Straßenrand parkt. Demzufolge
kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen,
wie z.B. Krankheit oder Auslandsaufenthalt, der
Fahrzeughalter keine Kenntnis von der Verkehrsänderung
erlangt hat. Nicht anderes gilt nach Auffassung
des Gerichts für die Verkehrsteilnehmer, die
ihr Fahrzeug vor Aufstellung der Schilder abgestellt
haben.
Aus der Grundregel
des § 1 StVO, die gleichermaßen für
den fließenden wie auch für den ruhenden
Verkehr gilt, folgt die Pflicht jedes Verkehrsteilnehmers,
sich in zumutbaren Zeiträumen davon zu überzeugen,
daß sein Fahrzeug nicht verkehrsbehindernd
abgestellt ist. Angesichts der in einer Großstadt
wie Berlin üblichen Verkehrssituation hat
der Fahrzeughalter dies in Abständen von mindestens
72 Stunden zu tun. Diese Vorlaufzeit sollte ausreichen,
auch einem Verkehrsteilnehmer der sein Fahrzeug
nur "sporadisch" nutzt, diese Pflicht
aufzuerlegen. Unterläßt ein Verkehrsteilnehmer
diese Sorgfalt, so muß er sich zurechnen
lassen, wenn sein zunächst ordnungsgemäß geparktes
Fahrzeug durch Anordnung entsprechender Verkehrszeichen
zum verkehrswidrig abgestellten Fahrzeug wird und
somit ein Umsetzen erforderlich macht.
Diese Entscheidung
ist zurückzuführen auf ein Urteil des
Bundesverwaltunggerichts vom vom 11.12.1996 - Aktenzeichen:
11 C 15/95. Das Urteil wurde in der Neuen Juristischen
Wochenschrift 1997 Seite 1021 veröffentlicht.
Die Praxis
des Polizeipräsidenten von Berlin, die Kosten
der Umsetzung, zumindest für die Verkehrsteilnehmer
die ihr Fahrzeug zunächst ordnungsgemäß parkten
dem Nutznießer aufzuerlegen wurde nunmehr
dahingehend für unrechtmäßig erklärt,
als er von den ihm zur Verfügung stehenden
Gebührenschuldnern ausgerechnet den Nutznießer
heranzog, der den verkehrswidrigen Zustand nicht
herbeigeführt hatte. Dem Polizeipräsidenten
sei bei der Auswahl seiner Gebührenschuldner
ein Ermessen eröffnet, von dem er ermessensfehlerhaft
keinen Gebrauch gemacht habe. |