11- LG Berlin : Urteil auszugsweise

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Wiedergabe gekürzt auf die Argumentation zum Thema "Freie Meinungsäußerung"- Landgericht Berlin - Geschäftszeichen: 27-0-542 / 02 - verkündet am: 25. 7. 2002

(Betrifft: Direkte Information der Kunden )

in der ... Aufforderung, unter Zuhilfenahme des Kundenverzeichnissess des Antragstellers weitere Kunden über die Möglichkeit zu informieren, sich aus den mit dem Antragsteller eingegangenen Verträgen zu lösen, liegt kein rechtswidriger Eingriff in der eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers, Das als sonstiges Recht im Sinne des § 823 BGB anerkannte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt vor betriebsbezogenen Eingriffen, wie sie die Information der Kunden über vermeintlich betrügerische Praktiken des Gewerbetreibenden ... zweifelsohne darstellt, Die Reichweite. des dem Gewerbebetrieb zukommenden Schutzes wird aber erst durch die Abwägung mit kollidierenden Rechtsgüterinteressen Dritter bestimmt (BGH NJVV 1998, 2141, 2143) Diese Abwägung fällt zugunsten des Antragsgegners aus, weil dem ihrn zuzubilligenden Schutz- der freien Meinungsäußerung größeres Gewicht zukommt.

Indem der Antragsgegner Dritte auf die Möglichkeit hingewiesen hat, sich von der Zahlungspflicht gegenüber dem Antragsteller zu befreien und ihnen rechtliche Schritte anempfohlen hat, hat er den Versuch unternommen., durch die Darstellung seiner persönlichen Erfahrungen auf die freie Willensbildung der Kunden Einfluss zu nehmen. Eirie solche Darstellung genießt grundsätzlich den Schutz der durch Ad. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten freien Meinungsäußerung.

(Betrifft: Bezeichnung des Gewerbetreibenden als Betrüger)

Die Vorgehensweise des Antragsgegners ist auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil sie dazu dient, unwahre Tatsachenbehauptungen in Bezug auf den Antragsteller in Umlauf ZU Setzer oder den Antragsteller zu schrnähen.

Insbesondere liegt in der Bezeichnung des Antragstellers als Betrüger keine unwahre Tatsachenbehauptung. Tatsachencharakter könnte dieser Äußerurig nur dann beigemessen werden, wenn sich ihre Wahrheit oder Unwahrheit überprüfen ließe, Einem solchen Wahrheitsbeweis wäre der Vorwurf nur dann zugänglich, wenn damit konkludent die Behauptung verbunden wäre, der Antragsteller habe sich wegen Betruges strafbar gemacht, Ein solches Verständnis liegt aber fern, weil der Antragsgegner an keiner Stelle auf strafrechtliche Ermittlungen gegen den Antragsteller oder gar eine Verurteilung Bezug genommen hat. Vielmehr erschöpft sich die Bezeichnung des Antragstellers als Betrüger in einer Wertung seines Tuns seitens des Antragsgegners.

Diese Wertung genießt den durch Art 5 Abs, 1 GG gewährleisteten Schutz der freien Meinungsäußerung, weil sie sich nicht etwa in einer Schmähung des Antragstellers erschöpft, Davon könnte nur dann die Rede sein, wenn es dem Antragsgegrier ersichitlich allein darum ginge, den Antragsteller zu verunglimpfen und zu beleidigen (BGH NJVV 1987, 1082, 1083), Das aber ist nicht der Fall, weiI die Kritik des Antragsgegners einen sachlichen Anknüpfungspunkt hat. Sie entzündet sich nämlich daran. dass der Antragsteller auf die Entgeltlichkeit seines Angebotes nicht deutlich hinweist.

(Betrifft: Aufforderung zum Vertragsbruch)

Dem Antragsteller kann der Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit auch nicht deshalb versagt werden, weil er etwa zum Vertragsbruch aufgerufen hatte. Die von ihm dargestellte rechtliche Möglichkeit, sich von der Zahlungspflicht gegenüber dem Antragsteller zu befreien, steht den Kunden offen und ist nicht als rechtswidrig zu werten