"Keine Zukunft mit Kurt Beck"

Stuttgarter Nachrichten - 16.07.2008 - aktualisiert: 16.07.2008 05:14 Uhr

SPD-Vorstand sperrt kritische Gruppe in internem Online-Forum

Berlin/Potsdam - Darf man das? Darf man SPD-Chef Kurt Beck verhoehnen oder ihn als "besten Mann der CDU" schmaehen? Obendrein in einem Online-Forum der SPD? Der Parteivorstand sagt Nein. Zumindest nicht so.

VON WOLFGANG MOLITOR

Und so kam die Reaktion prompt: Wegen Attacken auf Beck sperrte die SPD-Spitze das interne Online-Forum "meineSPD.net" kurzerhand. Aus Vorstandskreisen hiess es am Dienstag, die Gruppe "Keine Zukunft mit Kurt Beck" sei wegen Ueberschrift und Inhalten offline gestellt worden. Nein, Zensur sei das nicht. "Grundsaetzlich soll und kann auf ,meineSPD.net" ueber politische Inhalte und Themen offen und kontrovers diskutiert werden" - und das geschehe auch.

Doch es gebe Grenzen. "Die Nutzungsbedingungen sehen vor, dass Foren, Gruppen oder Bloggs, die erkennbar die Diffamierung einzelner Mitglieder von ,meineSPD.net" oder von Funktions- und Mandatstraegern der SPD zum massgeblichen Inhalt haben, nicht gestattet sind", so der Vorstand. Der Betreiber des Forums sieht das naturgemaess anders und will seine deftige Beck-Kritik nun in anderen Foren verbreiten. Warum auch nicht? Schliesslich steht er mit seinen boesen Beck-Bemerkungen nicht allein. Im ohne Registrierung zugaenglichen Teil von "meineSPD.net" stoesst man auf weitere polemische Kritiken - etwa unter der Ueberschrift "Kamikaze-Kurt, der beste Mann der CDU?" Ein anderer Nutzer schreibt: "Herr Beck koennte der SPD wenigstens einen guten Dienst erweisen, indem er sich waschen, rasieren und dann unerkannt in einen unbedeutenden Kreisverband der CDU eintreten und da das gewohnte Unheil anrichten wuerde."

Becks Fuehrung ist in der SPD (deren Mitgliederzahl im Juni auf das neue Rekordtief von 529 994 sank) umstritten. Die Parteispitze will in der Sommerpause eine Fortsetzung der Personaldebatte mit Blick auf die Wahl in Bayern am 28. September vermeiden. Erst Ende des Jahres oder Anfang 2009 soll geklaert werden, ob Beck oder Aussenminister Frank-Walter Steinmeier Spitzenkandidat fuer die Bundestagswahl wird. Am Montag war bereits eine Polemik in der Zeitschrift "Perspektive 21" (Herausgeber: SPD Brandenburg, Auflage 3500) bekanntgeworden. Der 36-jaehrige Discjockey Paul van Dyk wirft Beck darin vor, er habe keine Konzepte fuer die SPD, die sich durch eine Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 erneuern muesse: "Je groesser ihre Schlappe, desto heilsamer wird vielleicht der Schock." Dann haetten "wahre Spitzenleute wie Aussenminister Frank-Walter Steinmeier" 2013 eine Chance.

Der Landesverband haelt den Artikel fuer diskussionswert - auch wenn Generalsekretaer Klaus Ness sagt: "Aus Brandenburg wird nicht gegen Kurt Beck gehetzt."

Eine gute Nachricht fuer Beck gab es am Dienstag aber auch: Erstmals seit Wochen stieg die SPD wieder in der Waehlergunst. Laut einer Emnid-Umfrage verbesserte sie sich um zwei Prozentpunkte auf 27 Prozent.