Pressekammer LG Hamburg Sitzung, Freitag, den 15. Dezember 2006 Rolf Schälike - 16.12.2006
Erste Verhandlung gegen Veröffentlichungen in www.buskeismus.de
Die Anwälte auf der Klägerseite sind als harte juristisch versierte Abmahnanwälte bekannt. Sie arbeiten professionell. Keinesfalls von zu Hause aus. Wir werden versuchen, Paroli zu bieten. 30.12.06: Hat beim ersten Versuch nicht geklappt. Der Vorsitzende Richter Mauck entschied aus Basis eines Schriftsatzes, den wir nicht kannten und der Klägervertreter, Anwalt Dominik Höch behauptete, die Unterlassungserklärung wäre unwirksam, obwohl er Bezug nehmend auf die Unterlassungserklärung schon Vertragsstrafe über 1000,00 EUR einforderte. Verstehe das, wer wolle. Abgeschlossen ist die Sache noch nicht.
Prof. Habermas vs. HVG Hanseatische Gesellschaft für Verlagsservice mbH 324 O 835/06 In dieser Sache gab es schon vor knapp einem Monat einen Prozess von Prof. Habermas gegen den Rowohlt-Verlag. Wir berichteten (324 O 815/06). Auf der Kläger- und Beklagtenseite standen die gleichen Anwälte. Es ging heute nicht um den verbotenen Text. Wir erfuhren ohne Widerspruch seitens des Klägers, dass die Bücher kurz nach der Abmahnung zurückgezogen wurden und danach mit geschwärztem Text neu in den Handel kamen. Das war dem Kläger nicht genug. Die wichtigsten Kettenglieder im Buchversand mussten verklagt werden und zahlen. Nicht unbedeutend ist zu wissen, dass die Klägerkanzlei RA Senfft pp. mit Anwalt Joachim Kersten Rechtsgeschichte schrieb, in dem sie Akteure des DDR-Unrechtsstaates vertrat. Der Vorsitzende Richter Andreas Buske leitete ein: Wir sind in der Kammer heillos zerstritten, jedoch über das Ergebnis uns einig: die Einstweilige Verfügung soll bestätigt werden. Früher war eine Unterlassung unabhängig vom Verschulden. Die Antragsgegner brauchten nicht zu wissen, was im Buch steht. Im Wettbewerbsbereich stellt sich die Frage nach den Prüfpflichten. Es geht um die Wahrung berechtigter Interessen. Ein leichtes Korrektiv, was auch immer. Begehungsgefahr ... . Früher brauchten wir die konkrete Begehungsgefahr. Die Erklärung des Antragsstellers - Anlage Ast 6 - besagt, dass ein Ergebnis nötig sei. Das hat eine Begehungsgefahr ausgelöst. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Die HGV ist ein reines Abrechnungszentrum gegenüber dem Verlag... . Es ist ein ausgelagertes Abrechnungszentrum. Das kann nicht Störer sein. Den Prozess führte für den Kläger Referendar Herr Wollf: HVG hat Lager, ist beteiligt am Auslieferungsprozess. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Die Bücher liegen irgendwo. Nicht bei der HVG. Die HVG optimiert die Auslieferung. Keine eigenen Tätigkeiten bei der Auslieferung. Die Bücher werden nicht berührt. Der Vorsitzende: Was kein kundenorientiertes Ausliefern ist. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Die Buchhaltung bestellt. Wir haben das Fakturierungssystem. Auslieferer ist ein anderer. Bei dem liegen auch die Bücher. Im Internet finde ich zu HGV Folgendes, und Vergleiche mit der Bahn kommen mir in den Sinn:
Die HGV Hanseatische Gesellschaft für
Verlagsservice mbH ist ein richtungsweisendes Serviceunternehmen für
Buch- und Zeitschriftenverlage mit Sitz in Hamburg. Referendar Herr Wollf: Wenn Sie nicht tätig werden, passiert nichts. Das ist eine nachgeschaltetes Unternehmen. Wie ist es denn mit der Bahn, welche verbotene Bücher befördert oder sogar Bomben, ohne es zu wissen. Gar die Straßenbahn oder ein Taxifahrer. Wenn es diese nicht gebe, würde nichts passieren. Richter Dr. Korte, nachdem er erfahren hat, dass der Verlag auch selbst ausliefern kann: Klingt bei mir so: Ein Zeitungsbote hat etwas nach Hause getragen. Kann auch der erlag selbst tun. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Wir reden nicht über den Boten, sondern über den, welcher die Zettel verteilt an die Boten. Referendar Herr Wollf: Damit sind Sie in der Vertriebskette eingeschaltet. Sie können etwas machen oder nicht. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Wir erbringen Dienstleistungen im Namen des Verlages. Es besteht keine Vertragsbeziehung zwischen dem Kunden und uns. Referendar Herr Wollf: Der Verlag kann sich nicht berufen, dass er nichts tun kann. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: Wir sind eine reine konzeninterne Abrechnungsstelle. ... . Klägeranwalt Joachim Kersten: Sie können doch dem Verlag sagen, ich darf nicht [ausliefern]. Sie können handeln. Geschäftsführer des Beklagten Herr Klaus von Cleff: Wir haben einen Anruf vom Rowohlt erhalten, wir dürfen nicht mehr ausliefern. Warum sollen wir eine Unterlassungserklärung abgeben? Referendar Herr Wollf: Sie haben gesagt, dass Sie keine Unterlassungserklärung abgeben. Beklagtenanwalt Hans-Jürgen P. Groth: HGV ist nicht Störer, deswegen keine Unterlassungserklärung abgegeben. Richter Dr. Korte: Wenn Rowohlt Ihnen das gesagt hat, dann sind Sie doch ... . Geschäftsführer des Beklagten Herr Klaus von Cleff: Der Titel wurde gesperrt, um keine Reklamationen zu erhalten. Nach einer Woche hatte der Handel den Titel erhalten ohne dieser Passsage. Da gebe ich doch keine Unterlassungserklärung ab, wenn ich nicht Störer bin. Noch dazu, wenn im Anschreiben Rowohlt angegeben wurde. Klägeranwalt Joachim Kersten: Ich hätte auch nicht abgemahnt, wenn Sie gesagt hätten, wir liefern nicht aus. Hätte gar nicht gesagt. Bin schon katholisch. Sie sind der Auslieferer. Habe viele Buchhändler gefragt. Der Vorsitzende leidvoll: Immer müssen wir entscheiden. Geschäftsführer des Beklagten Herr Klaus von Cleff: Bloß die Art, dass ich als Störer gesehen werde. Der Kläger möchte sich an einem Fall festmachen, und irgendwann sind es andere Titel. Wie liefern 4.500 Titel aus. Der Vorsitzende immer noch leidvoll: Müssen wir entscheiden. Kosten teilen? Klägeranwalt Joachim Kersten: Nein. Der Vorsitzende: Sie müssen schon die Einstweilige Verfügung abgeben. ... . Die Entscheidung wird verkündet im Tenor am Dienstag, 19.12.06, 12:00 in der Geschäftsstelle. 19.12.06: Urteil. Die Einstweilige Verfügung wird bestätig.
Das Unternehmen bearbeitet Bestellungen von Buchhändlern
und Zwischenbuchhändlern und haftet somit als Störerin für die
Verbreitung des Buches. 27.03.07 (Berufung Hans OLG - 7 U 8/07): Der Berufung wurde stattgegeben. Die Störerhaftung wurde nicht bestätigt.
Kommentar: Was bedeutet die Entscheidung der Pressekammer Hamburg? Gibt HVG eine Unterlassungserklärung ab, und sollte der Verlag trotzdem Bücher drucken bzw. liefern mit der verbotenen Passage, hat HVG Ordnungsgeld zu zahlen. Damit entsteht eine Prüfungspflicht (theoretisch jedes Buch lesen) für die HVG, oder die HVG muss sich dagegen versichern bzw. in seine Verträge mit den Verlagen entsprechende Passagen aufnehmen. Die Entscheidung der Pressekammer erwies sich wieder einmal als eine gute Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Juristen, unterstützt durch den deutschen Soziologen und Philosophen Jürgen Habermas.
Fußballer-Wettskandal bringt Geld in die Kasse der Anwälte - 3 x Agostino vs. tz München GmbH & Co. KG; Morgenpost; Berliner Zeitung In allen drei Fällen wurde der Fußballer Paul Agostino von 1860 München vertreten von den Anwälten Dominik Höch und Dr. Stefan Krumow der Abmahnkanzlei Dr. Schertz. Es ging um die Berichterstattung, dass der Fußballer in Wettmanipulationen verwickelt sei und ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. 324 O 445/06 Die tz München GmbH & Co. KG Zeitung hat schon am nächsten Tag sich vorbildlich entschuldigt und alles zufriedenstellend richtig gestellt. Verhandelt wurde nur über die Höhe der Entschädigung und die Kostenaufteilung. Der Vorsitzende: Na ja. Man hat sich nicht vergleichen können. Warum nicht? Klägeranwalt Höch: Es bestand beim Antragsgegner keine Bereitschaft. Der Vorsitzende: Kommen jetzt zum Vorschlag. 20.000,00 und Kostenaufteilung. Beklagtenanwalt: 20.000, Gerichtskosten und Kostenaufteilung. Klägeranwalt Höch: Den weisen Worten von Dr. Schertz nicht folgen ... . Es gab nie einen Vorwurf der Wettmanipulation. Der Vorsitzende: Wir können uns ja ´rantasten. Es ist ein ganz anderer Vorwurf. Passivlegitimation des Beklagten zu 2 oder 3. Herr xxx war nicht Verfasser, hat nur recherchiert. Klägeranwalt Höch: Die Hartnäckigkeit hat die Kammer zu berücksichtigen. Der Vorsitzende: Die [Beklagten] waren immer freundlich zu 1860. Sie [Kläger] sind mit 250.000 rein gegangen. Wenn Max Breitner hinten ´runter fällt Beklagtenanwalt: Es ist ein Gang nach Canossa. Sie, Herr Vorsitzender, machen das lange. Wir auch. Klägeranwalt Höch: Was ich verstanden haben aus den Ausführungen von Dr. Schertz, gab es das Ermittlungsverfahren .. . Der Vorsitzende: Es steht mit dem Ermittlungsverfahren 1:0 für den Kläger. Die bringen aber Max Breitner. Das steht es 1:1 Justiziar der Beklagten: Es gab ein Ermittlungsverfahren. Namen brauche ich hier nicht zu nennen. Um den brauchen Sie sich nicht mehr zu kümmern. Der Zeuge sagte, er weiß nicht, ob Spieler manipulierten. Diese Spieler hatten Geld gesetzt auf manipulierte Spiele. Klägeranwalt Höch: Haben immer noch nichts eingesehen. Richter Dr. Korte: Jetzt streiten Sie sich wieder. Der Vorsitzende: 24.000. Wir sind die Zivilkammer 24. Beklagtenanwalt: 20.000. Klägeranwalt Höch: Darf ich telefonieren? Der Vorsitzende: In der zweiten Instanz wird es teuer. 24.000 und heute. Die Anwälte Höch und Dr. Krumow gehen hinaus zum Telefonieren. Die Richter rechnen in der Zwischenzeit: 260.000, 267.000 ... . Beklagtenanwalt: Lieb wäre es mir, nur der Beklagte zu 1 zahlt, wegen der Steuern. Der Vorsitzende: Kosten? Beklagte zu 1 und 2? Beklagtenanwalt: Gesamtschuldner. Der Vorsitzende: Kosten gegeneinander aufheben. Vergleichsgebühr zwischen Kläger und den anderen... . Klägeranwälte kommen wieder herein. Anwalt Herr Höch: Würden dem zustimmen. 24.000 als Geldentschädigung aufführen, weil ich das gerne so möchte. Beklagtenanwalt: Wegen der Steuerfreiheit. Der Vorsitzende: Nach erneuter Diskussion der Sach- und Rechtsfrage schließen die Seiten ohne Präjudiz für ihre Sach- und Rechtsstellung den folgenden Vergleich: 1. Der Beklagte zu 1 verpflichtet sich, an den Kläger 24.000 EUR Geldentschädigung zu zahlen. 2. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus der streitgegenständlichen Veröffentlichung erledigt.
3. Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Beklagten als
Gesamtschuldner zur Last mit Ausnahme der Kosten dieses Vergleichs. Beschlossen und verkündet, der Wert der Hauptsache beträgt 265.603,17 EUR. Der Wert des Vergleichs übersteigt nicht den Wert der Hauptsache. Wünsche ein besonders schönes Wochenende. Kommentar: Die Anwaltsgebühren des Vergleichs betragen für den Kläger mehr als 5.400, EUR, so dass Agostino weniger als 20.000,00 EUR erhält. Zu versteuern braucht er 24.000,00 EUR, stimmen die Aussagen der Anwälte, nicht. Das Gericht erhält mehr als 5.700,00 EUR. Die Anwälte erhalten jeder ca. 10.000,00 EUR. Die tz München zahlt insgesamt ca. 40.000,00 EUR. Ein teurer Artikel. Wieder mal eine schöne Geldquelle für einen Profifußballer sowie die Anwälte. Das war nur der eine Prozess. In gleicher Sache klagte die Kanzlei Dr. Schertz noch gegen andere Zeitungen. 324 O 533/06 Diese Sache betraf die Morgenpost, vertreten von Anwalt Fricke, welcher am gleichen Tag auch als Vertreter eines Klägers auftrat. Es kam zur Zusage, bis zum 24.12.06, 18:00, mitzuteilen, ob sich die Parteien über einen Vergleich auf Basis des Kammervorschlages haben einigen können. Der Kammervorschlag: Der Beklagte zahlt an den Kläger 12.500,00 EUR und trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Klägervertreter erklären, wir können uns einen solchen Vergleich vorstellen. Ansonsten erhielten die Parteien eine Schriftsatzfrist bis zum 12.01.07, und eine eventuell notwendig werdende Entscheidung wird verkündet am 02.02.07, 9:55 im Gerichtssaal. Die Ausführungen des Vorsitzenden und die Argumente der Klägeranwälte möchte ich an dieser Stelle trotzdem wiedergeben. Der Vorsitzende: Wir finden, dass es so gut wie überhaupt keine Rolle spielt, dass es ein Ermittlungsverfahren gab, oder dass er selbst gewettet hat. Daraus folgt überhaupt nicht, dass er manipuliert hat. Wäre auch noch schlimmer gegangen. Dass er definitiv an der Manipulation beteiligt war, wurde nicht gesagt. Die Berichterstattung war zurückhaltender. Die Morgenpost wird nur in Hamburg gelesen. Die BZ in Berlin. Die tz München als privilegierte Quelle zu sehen, meinen wir nicht. Die Richtigstellung war auf erster Seite. Das war Freispruch erster Klasse. Das muss gewürdigt werden. Sonst bringen die nie wieder eine Richtigstellung. Andererseits war der Vorwurf enorm. Dann noch die Mahnkosten. Richtigstellungspauschale zweimal. Gegendarstellung zweimal. Geht vielleicht nur für eine. Vorschlag, 12.500,00 Euro an den Kläger zu zahlen. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Kostenfrage? Klägeranwalt Herr Höch: Es soll nicht der Eindruck entstehen, der Kläger geht alle Zeitschriften durch: ich möchte Kohle, Kohle, Kohle. Wenn ich mir die tz München ansehe. Wo ist das der Unterschied? Da sind wir bei 24.000 verblieben. In Hamburg íst Agostino nicht bekannt? Er will aber wechseln. Der Vorwurf, haben Sie, Herr Buske, gesagt, sei kaum zu toppen. Mein Vater war ein großer Fußballfan. ... . Es geht um Herrn Fricke, wenn er sagt, er möchte ein Urteil. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Sie haben gesagt, es war eine vorbildliche Richtigstellung. Das muss honoriert werden. Das Büro Schertz klagte auf 100.000, danach 50.000, dann ... . Das Kostenrisiko müssen Sie auch tragen oder ihre Mandanten. Meine Obergrenze beträgt 5.000,00 Euro. Klägeranwalt Herr Höch: Müssen Sie [Herr Buske] entscheiden. Alles schon getan, bloß die Recherche fehlt. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Kostenfrage .. .. Ihre Partei ist im Hauptsacheverfahren unterlegen ... . Richter Dr. Weyhe: 2.500, kostenfrei. Hatten wir schon vorgeschlagen. Klägeranwalt Herr Höch: Schadet nicht. Vielleicht kommt Ihr Mandant zur Raison. ... . Der Vorsitzende: 276, 278 folgern lassen. Unter den Christbaum. Besondere Milde walten lassen. Beklagtenanwalt Herr Fricke: Es ist ein vollständig überhöhter Streitwert. 324 O 532/06 Die dritte Agostino-Sache hatte ihren Reiz. Die Beklagte hatte laut Vortrag ihres Anwalts nur 500 Exemplare mit dem verbotenen Text ausgeliefert, in der so genannten Frühform. Der Vorsitzende dazu: Hier ist es so; wenn nur 500 Exemplare im Raum Berlin verbreitet wurden, erscheint uns eine Geldentschädigung nicht richtig zu sein. Es gibt eine Richtigstellung. Dazu der Klägeranwalt Dominik Höch: Die BZ sagt, es waren nur 500 Exemplare. Ich sage, das bestreite ich. Dass die Beweislast uns trifft ... . Ich lerne gern dazu. ... . Beklagtenanwalt Prof. Hegemann: Sie [der Klägeranwalt] können doch nicht so tun, als ob Sie es nicht gewusst hätten [dass es nur 500 Exemplare waren], bevor Sie mit der Klage loszogen. Klägeranwalt Dominik Höch: Weiß ich auch nicht. Sie [Buske] müssen entscheiden. Der Vorsitzende: Da weise ich die Klage ab. Der Verbreitungsgrad spielt eine entscheidende Rolle. Wenn es nicht mehr waren. Trostpflaster wollen Sie auch nicht zahlen? Beklagtenanwalt Prof. Hegemann: Nein. Der Vorsitzende: Ich habe nur versucht. Wir können auch den Zeugen vernehmen. Er wird nichts anderes sagen. Wollen wir nicht kurz unterbrechen und Sie telefonieren? Die Anwälte Dominik Höch und Dr. Krumow verlassen den Gerichtssaal. Klägeranwalt Dominik Höch: Bestreite, dass die Aussage so richtig ist. Möchte den Verlagsleiter hören. Bitte um eine Entscheidung. Der Vorsitzende: Da müssen Sie noch einmal her. Der Klägervertreter erklärt, er bestreitet, dass die BZ in der Hauptform so erscheinen ist, wie es sich aus K5 und K6 ergibt. Klägeranwalt Dominik Höch: Trage vor, dass die BZ bundesweit so erschienen ist, wie wir es mit der Anlage K2 vorgelegt haben. Beklagtenanwalt Prof. Hegemann: Die Richtigstellung ist mit Dr. Schertz verhandelt worden. Deswegen ... . Wir mache ein Beweisangebot, den Produktionsleiter, Herrn H. über uns zu laden als Beweis dafür, dass bereits mit der Richtigstellung ... und nur in Teil der Frühform veröffentlicht war. Der Text "Teil der Frühausgabe" [in der Richtigstellung] war mit Dr. Schertz vereinbart. Damit wusste er Bescheid, dass nur in einem Tell der Frühausgabe der verbotene Text stand. Das müsste dem Gericht genügen. Der Vorsitzende: ... . Termin der Verkündung Freitag, den 02.02.07, 9:55 in diesem Saal. Gesegnete Weihnachten. 28.09.07: Die Klage wird abgewiesen. Wieder einmal Schröder gegen Springer - Die Kammer mache einen dogmatischen Fehler, meinte der Beklagtenanwalt In der Sache 324 O 608/06 Schröder vs. Springer ging es um die Motivation unseres Ex-Kanzlers, als er die Vertrauensfrage stellte. Der Vorsitzende definierte die Veröffentlichung als eine Verdachtsberichterstattung ohne ausreichende Recherche wie es der Klägeranwalt, Herr Nesselhauf ebenfalls sah. Dem widersprach der Beklagtenanwalt Dr. Börger entschieden und meinte, die Kammer begehe dogmatische Fehler. Der Vorsitzende: Nach unserer Einschätzung haben wir es letztendlich bei der Äußerung mit einem Verdacht zu tun. T. hegt einen ungeheuerlichen Verdacht. Ob dieser zulässig ist? Haken wir Eins nach dem Anderen ab. Ein überragendes öffentliches Interesse: Das Ergebnis des Verdachts ist nicht vorgegeben, es ist nicht endgültig. Aber die Verknüpfung mit den Tatsachen ist zu dünn. Neuen Job nach verlorener Wahl? Motivation bei der Ausführung des neuen Jobs. Wenn wir bei der Verdachtsberichterstattung bleiben, sieht es sehr mau aus. Hat den Kläger nicht gefragt. Beklagtenanwalt Dr. Börger: Sie [Herr Buske] machen einen erheblichen Gedankenfehler. Das Korsett der Verdachtsberichterstattung ist ein ganz anderes. Ihr Korsett betrifft die Verdachtsberichterstattung bei Strafsachen. Da sind es völlig andere Anforderungen und Kriterien. Die sind da härter, bei Verdacht auf Straftaten. Politisch ist es anders. Zur Politik-Dogmatik: Weshalb hat der Regierungschef Neuwahlen angesetzt? Niemand weiß, mit wem er gesprochen hat. Hat mit dem luperreinen Demokraten Putin die Pipeline ausgehandelt. Das hat nichts mit einer Straftat zu tun. Richter Dr. Korte: Welche Kriterien gibt es für Verbote von Veröffentlichungen zu Themen, welche keine Straftat darstellen? Diese sind nicht automatisch geringer. Beklagtenanwalt Dr. Börger: Kann sein: Sehnsucht nach Familie, oder er wollte lieber in die Wirtschaft gehen. Sie machen einen dogmatischen Fehler mit dem Korsett der Verdachtsberichterstattung. Klägeranwalt Herr Nesselhauf: ... . Sie müssen sich die Mühe machen und das Buch kaufen, wo das alles drinsteht. Weinberge ... . Beklagtenanwalt Dr. Börger: Beispiel, dass man über verschiedene Motive spekulieren kann. Haben zitiert, was im Bundestag gesagt wurde. Es gab politische Bedenken. Klägeranwalt Herr Nesselhauf: Wir streiten nicht um politische Bedenken. Die Frage ist öffentlich reichlich diskutiert worden. Es ist dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundespräsidenten dargelegt worden. Beklagtenanwalt Dr. Börger: Darüber darf man nachdenken. Man darf Fragen stellen, ohne vorher den Kläger gefragt zu haben. Fragen dürfen aufgeworfen werden. Herr Buske, bleiben Sie mal auf dem Teppich. Sonst gäbe es keine Diskussionen. Klägeranwalt Herr Nesselhauf: Es ist keine Frage. Es ist ein ehrwürdiger Vorwurf. Beklagtenanwalt Dr. Börger: Jede Diskussion ... . Klägeranwalt Herr Nesselhauf: Sie sprechen vom Verdacht. Der Leser kommt nicht auf die Idee, dass das Stuss ist. Der Vorsitzende: Sollen wir entscheiden? Beklagtenanwalt Dr. Börger: Würde ich gern mal lesen. Der Vorsitzende: Die Sach- und Rechtsage wurde ausführlich erörtert. ... . Die Entscheidung wird verkündet am 19.01.07, 9:55 in diesem Saal. 19.01.05: Tenor des Urteils in Sachen Schröder ./. Axel Springer AG I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen: (als Zitat von Carl-Ludwig Thiele) "'Wollte Schröder sein Amt loswerden, weil ihm lukrativer Jobs zugesagt waren? Hatte er persönlich Motive, als er in politisch aussichtsloser Lage Neuwahlen herbeiführte?'" II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 130.000,00 vorläufig vollstreckbar. Beschluss: Der Streitwert wird auf € 120.000,00 festgesetzt. ___________________ Urteil Schröder ./. Axel Springer AG 324 0 608 / 06 Verkündet am: 19. Januar 2007 Kurzbegründung: Die Kammer hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, das folgende Zitat des FDP-Fraktionsvizes Carl-Ludwig Thiele zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen oder sonst zu verbreiten bzw. sonst verbreiten zu lassen: „Wollte Schröder sein Amt loswerden, weil ihm lukrative Jobs zugesagt waren? Hatte er persönliche Motive, als er in politisch aussichtsloser Lage Neuwahlen herbeiführte?" Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823,1004(analog) BGB in Verbindung mit Artikeln 1 und 2 GG, denn durch die angegriffene Berichterstattung wird bei bestehender Wiederholungsgefahr in unzulässiger Weise in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Passage nicht um die Behauptung einer Tatsache, die Beklagte verbreitet hier aber keine „echten" offenen Fragen, sondern eine in Frageform gekleidete Vermutung. Erkennbar geht es nämlich nicht darum, eine Antwort auf die beiden Fragen zu erhalten, sondern der Ansicht Ausdruck zu verleihen, dass es möglich sei, dass der Kläger Neuwahlen herbeigeführt habe, um „lukrative Jobs" übernehmen zu können. Die Beklagte behauptet nicht, dass diese Vermutung inhaltlich zutreffend sei. Doch auch die Verbreitung dieser Vermutung des Politikers Thiele durch die Beklagte ist rechtswidrig. Zwar kann kein Zweifel daran bestehen, dass an dem Thema der beruflichen Tätigkeit des Klägers nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers ein ganz erhebliches öffentliches Interesse besteht. Die Beklagte hat aber die Grundsätze sorgfältiger Recherche nicht hinreichend beachtet, da sie den Kläger nicht zu der geäußerten Vermutung befragt hat. Außerdem hat sie nicht dargelegt, dass es für die verbreitete Vermutung hinreichende Anknüpfungstatsachen gibt; die schlichte Tatsache, dass der Kläger alsbald nach seiner Abwahl im November 2005 den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden im Gas-Konsortium angenommen hat, sagt wenig bis nichts über seine Motive zur Zeit der Ankündigung aus, dass er Neuwahlen herbeiführen wolle.
Online-Archive müssen auf Rechtsverstöße regelmäßig geprüft werden - TAZ auf der Beklagtenseite; Orwell lässt grüßen 324 O 468/06 Karl-Heinz Sch. vs. TAZ Der Anlass, Betreibern von Online-Archiven Prüfpflichten aufzuerlegen, mag menschlich verständlich sein. Die Pressekammer unterscheidet bis jetzt noch Zeitungen in den Bibliotheken, welche nicht vernichtet bzw. geschwärzt zu werden brauchen, von den Online-Archiven. Denn das Suchen in einer Bibliothek ist erschwert. In den Online-Archiven macht es Google. Das ist gefährlich. Online-Archive müssen vom Betreiber auf mögliche Rechtsverletzungen geprüft werden. Ansonsten gibt es Abmahnung, Einstweilige Verfügungen. Und das kostet Geld. Das erste Mal habe ich davon Verfahren im Prozess gegen den Berliner Verlag (324 O 521/06). Wir berichteten. Die TAZ vertrat die Kanzlei von Johannes Eisenberg, einem Anwalt, dessen Auftritte jedes Mal ein besonderes Erlebnis sind. Diesmal erschien Frau Dr. Stefanie Schork, eine junge schwarz gekleidete Frau. Klägeranwalt Dr. Krüger: Ein angenehme Überraschung! Der Vorsitzende: Es ist nicht der erste Fall. Den Kläger als Neger-Kalle zu bezeichnen, ist aus unserer Sicht herabsetzend und ehrverletzend. Es fehlt das berechtigte Interesse. Auch, wenn er sich selbst so genannt hat, und es jahrelang geduldet hat. Es gibt das Stern-Inteviewv ... . Blasen auf der Hand, wenn ich Koffer trage. .. . Das erscheint nicht überzeugend. Er hat Neger-Kalle für sich nicht akzeptiert. Seine Vertrauten durften ihn Neger-Kalle nennen. Das bedeutet aber nicht, dass das stimmt. Es gibt unser Urteil vom 28.08.2005. Dann noch zur Archivierung und dem Kammergericht. Es war nicht rechtmäßig eingestellt. Wir denken eigentlich nach der Vorberatung, dass die Aussichten der Klage ausreichend sind. Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork: Hat sich so ansprechen lassen im Interview. Schlage nicht gleich zu, impliziert, dass er anders vorgeht. Dann die Passagen mit den Ostfriesenwitzen. Er hat nichts dagegen. Zum Zeitpunkt, wo der Artikel geschrieben wurde, war das der Erkenntnisstand. Er kann dagegen vorgehen, er wollte es auch früher nicht. Heute nicht und auch in der Zukunft nicht. Mit Bindestreich oder auch ohne. Damit ist seinem Interesse Genüge getan. Dass die TAZ jetzt ihr Archiv durchforschen muss ... . Richter Herr Zink: Dass er es jahrelang geduldet hat, müssen Sie belegen. Das jetzige Interview stammt von 1997. Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork: Das Interview ist acht Seiten lang. Er hatte nicht widersprochen. Klägeranwalt Dr. Krüger: Ganz kurz. Er ist im Interview so angesprochen worden. Folgern Sie daraus, er hat es geduldet? Stellen Sie sich vor, Neger-Kalle ... , das heißt nicht, dass er im Interview so angesprochen wurde. Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork möchte etwas sagen Klägeranwalt Dr. Krüger: Bei Ihnen, weil Sie eine Dame sind, fällt es mir schwerer als beim Herrn Eisenberg, mich nicht unterbrechen zu lassen. Trotzdem ... . Im Mai 2006 hat er geschrieben, er möchte keine Veröffentlichung. Es ist nichts passiert. Weshalb soll er im Juli 2006 die fortlaufende Verletzung in Kauf nehmen/ Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork: Er hat auch im Interview diese Worte zugelassen. Sie haben Unterlassungsansprüche gegenüber dem Archiv angesprochen. Das geht darüber hinaus. Wir haben es aus dem Archiv genommen. Mussten keine Unterlassungserklärung abgeben. Klägeranwalt Dr. Krüger: Was 1997 oder 1812 ins Internet gestellt wird, spielt keine Rolle. Die Verjährung beginnt jedes Mal neu. Das ist nicht einmal diskutabel. Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork: Es ist ein Unterschied, ob neu geschrieben, oder ob es im Archiv steht. Es war keine Veröffentlichung. Klägeranwalt Dr. Krüger: Google-Archive sind keine Veröffentlichungen? Das ist Mumpitz. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung muss es rechtmäßig sein. Es ist keine internes Archiv. Gibt man Neger-Kalle [Negerkalle] ein ... . Beklagtenanwältin Frau Dr. Schork: Es geht nicht um das Suchwort. Das ist eine andere Ebene. Es gibt ein Informationsinteresse und Bestandsschutz. Steht noch im Archiv. ... . In Ihrem ersten Schreiben ging es um die Zukunft. Klägeranwalt Dr. Krüger: Wir drehen uns im Kreis. Der Vorsitzende: Machen es ganz schlicht. Die Sach- und Rechtslage wurde ausführlich erörtert. Die Verkündung erfolgt am Freitag, den 19.01.07, 9:55 in diesem Saal. 19.01.07: Beschluss: Die mündliche Verhandlung wird wieder eröffnet. Kommentar: Es gibt andere Urteile (OLG Frankfurt a. M. 16 W 55/06 v. 20.09.06) mit der folgenden Meinung: 1. Eine spätere
(Presse-) Berichterstattung über bereits abgeurteilte Straftaten ist
jedenfalls dann unzulässig, wenn sie geeignet ist, gegenüber der
aktuellen Information eine erheblich neue oder zusätzliche
Beeinträchtigung des Täters zu bewirken, insbesondere seine
Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu gefährden.
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